erste Version: 9/2022
letzte Bearbeitung: 9/2022

Chronik des Aufstiegs - Mittelalter und frühe Neuzeit: Der versperrte Weg zur Gewaltenteilung

F1966.

Ich verstehe nicht, warum der Bischhof mich als Privatsekretär auswählte, denn ich war nicht mit ihm auf einer Wellenlänge, das mußte er doch spüren!

Vorgeschichte: F1965. Kersti: D

Honorius erzählt:
Ich verstehe nicht, warum der Bischhof ausgerechnet mich als seinen Privatsekretär auswählte, denn ich war zwar ganz gut darin, seine Anforderungen in überordender Förmlichkeit zu erfüllen, nur war ich ganz bestimmt nicht mit ihm auf einer Wellenlänge und das mußte er doch eigentlich spüren!

Abgesehen davon würde meine neue Funktion zwar meinen Vater stolz machen, aber mir gefiel sie nicht so sehr, denn man konnte wirklich nichts planen. Zu jeder Tages- oder Nachtzeit konnte er mich zum Diktat für irgendeinen wichtigen Brief rufen und das völlig unangemeldet. Außerdem glaube ich, daß ich letztlich eher einen kleinen unabhängigen Posten haben will und nicht irgendsoeine bedeutende Stelle wie Bischhof.

Aber wie auch immer, er hat mich ausgewählt und damit hatte ich diesen Posten, um den mich alle beneideten. Und bei der Gelegenheit stellte ich fest, daß der Typ, der auf dieser ganzen überbordenden Höflichkeit bestand, durchaus auch menschlich sein konnte. Jedenfalls fing er an mich bei allem Möglichen um meine Meinung zu fragen und damit hatte ich dann richtige Gespräche mit jemanden der einen weitaus höheren Rang hatte als ich.

Ich flocht also immer wieder mal ein, daß es in der Bibliothek, die ich benutzen durfte, weitaus zu wenige Bücher gab und daß ich die schon fast alle durch hatte. Und der Trick funktionierte, denn knapp zwei Wochen, nachdem ich damit begonnen hatte, sprach mich der Bibliothekar an, der den Oberbefehl über alle Bestände an Büchern hatte, die nicht einzelnen Personen privat gehörten und stellte mir ein paar Fragen zu verschiedenster Literatur. Nachdem ich mit ihm über meine Gedanken dazu gesprochen hatte, nahm er mich mit in die geheimeren Teile der Bibliothek, in der es auch gedruckte Bücher von den Göttern gab und erklärte mir, daß ich hier lesen sollte, aber nur mit ihm darüber sprechen dürfte, was ich hier lese. Als ich fragte, ob ich mit dem Bischof nicht darüber reden dürfe, antwortete er mir, daß dieser zwar prinzipiell eingeweiht sei, aber dazu neigen würde, sich selbst für einen Gott zu halten und ungeschickte Bemerkungen mit Gotteslästerungen zu verwechseln. Er würde mir deshalb raten, vorsichtig zu sein.

Ich war verwundert, denn in der verklausulierten Sprache der Diplomatie war das eine ziemlich harsche Kritik an seinem Vorgesetzten, die er sich gar nicht erlauben durfte! Natürlich war ihm und mir bekannt, daß die Völker der Menschen, die in früheren Zeiten als Götter verehrt worden waren, heute noch existierten, also war dieser Satz nicht in dem Sinne als Unterstellung einer Gotteslästerung zu verstehen, wie es in der allgemeinen Bevölkerung verstanden worden wäre, aber es klang ja fast, als würde er befürchten, daß ein falsches Wort beim Bischhof, dazu führen könnte, daß er mich vor die Inquisition zerrt! Und mich dann zu warnen war jedenfalls anständig. Ich hoffte nur, daß er nicht recht hatte, denn ich mußte täglich mit diesem Bischhof umgehen und niemals eine ungeschickte Bemerkung zu machen, hielt ich dann doch nicht für menschenmöglich. Andererseits mochte mir da meine einflußreiche Famile möglicherweise einen gewissen Schutz bieten, auch wenn ich es gar nicht mag, wenn ich auf einen solche Schutz angewiesen bin.

Kersti

Fortsetzung:
F1967. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben