F2059.

Glücklicherweise waren die neuen Implantate so viel besser als die giftigen alten, daß auch freigeborene Sklaven lernen konnten, gerne mit ihnen zu arbeiten

Vorgeschichte: F2058. Dieter: Ich kann von Glück reden, daß ich eine Arbeit habe, für die ich meine Arme und Beine brauche, sonst hätten sie mir die auch noch abgeschnitten

Jender LZB99-950-41 erzählt:
Obwohl ich das für unnötig hielt, versah der Arzt jeden neuen Sklaven, der für technische Arbeiten vorgesehen war, mit den Implantaten. Ich fand es nicht richtig, die Sklaven auch nicht, aber ich war dagegen machtlos. Die Implantate bringen bei den meisten freigeborenen Sklaven nicht so viel, daß sich der Ärger lohnt und die, denen es tatsächlich etwas bringt, würden sie auch freiwillig nehmen, weil sie sich schon vorher vorstellen können, daß ihnen die Arbeit damit gefallen könnte. Der Arzt hatte übrigens eine Erfindung der Erdenmenschen übernommen, die ein Extrakt einer Pflanze verwendeten, um andere Menschen bei schmerzhaftten Operationen zu betäuben, so daß die Operationen selbst nicht mehr so schlimm waren. Ich hielt die Lösung mit den schmerzlosen Messern der Echsenmenschen für besser, aber das sah niemand ein und zwar mit der wirklich bescheuerten Begründung, daß etwas was von Echsen kommt nicht gut sein kann! Man fragt sich echt, was die für eine Geisteskrankheit haben.

Die Gurte, mit denen die Menschen für die Operationen an der Behandlungsliege festgeschnallt werden, sind genau dasselbe Gurtzeug, mit dem wir uns für den Flug anschnallen und deshalb dazu ausgelegt, daß man sich sehr leicht losschnallen kann. Natürlich war mir durchaus schon der Gedanke gekommen, daß irgendeiner der Gefangenen sich befreien und die Flucht antreten könnte, wenn er im Kopf klar genug ist, um das zu tun. Andererseits bin ich kein Gefangenenwärter sondern Techniker. Ich sah keinerlei Anlaß mich als Gefangenenwärter aufzuspielen, daher machte ich den Arzt nicht auf seinen Gedankenfehler aufmerksam, als er keine Maßnahmen ergriff, damit die Menschen sich nicht befreien konnten.

Die Menschen wiederum waren normalerweise so in Panik, wenn sie sich in der technischen Umgebung eines Raumschiffes wiederfanden, daß sie zwar ihren Instinken gehorcht hätten, die sie zur Flucht nötigten, aber keinen funktionierenden Fluchtplan schmiedeten. Sie waren eben typische Freigeborene, die in solchen Situationen in Panik geraten aber nicht langfristig genug denken, um einen funktionierenden Fluchtplan zu schmieden oder sich eben in die Situation zu fügen, wie das ein Zuchtmensch macht. Und etwas halb funktionierendes würde ich sie nicht machen lassen, weil das ihnen nur Strafen einbringt. Daher hatte ich dem Arzt erklärt, daß die Patienten bereits für die Operation angeschnallt sein sollten, wenn ihnen die Operation erklärt wird.

Ich überwachte die Leute, die den neuen Technikern erklären sollten, was auf sie zukommt, sorgfältig, damit sie sich keine dummen Sprüche erlauben, sondern einfach nur die Fragen beantworten, die ihnen gestellt werden. Außerdem achtete ich darauf. Daß sie davon erzählen, daß das Leben danach weitergeht und interessant und lebenswert ist.

Glücklicherweise stellte ich fest, daß die neuen Implantate so viel besser waren als die giftigen alten, die ich zuerst erhalten hatte, daß auch freigeborene Sklaven sich genug daran anpassen konnten, um gerne mit ihnen zu arbeiten. Das heißt nicht unbedingt, daß sie glücklich sind, sie zu haben. Tatsächlich sind sehr viele so lange sie leben wütend darüber, daß man das mit ihnen gemacht hat. Aber es ist nicht wie bei älteren Freigeborenen, die ich zuhause erlebt hatte. Für die war es immer gewesen, als wäre nach den Operationen alles Schöne aus ihrem Leben verschwunden, weil sie mit den Schmerzen nicht klarkamen. Damals war es üblich gewesen, nur Familienväter zu operieren, weil nur die sich nach den Operationen nicht umbrachten. Auch bei den ersten Zuchtmenschen hatte es Selbstmorde gegeben, das hatten nur die Freigeborenen nicht gewußt. Bei den späteren Generationen waren die Zuchtlinien aussortiert worden, die die Implantate zu schlecht vertrugen, daher hatte ich selbst mit den alten extrem schmerzhaften Implantaten noch gemischte Gefühle gehabt. Ich brauchte sie einfach, um genug geistiges Futter zu bekommen, daß ich mich nicht den ganzen Tag langweile. Ich brauchte auch genug zwischenmenschlichen Kontakt. Daß ich immer diverse Gespräche gleichzeitig führe und alle meine Mitarbeiter im Blick behalte, liegt eben daran, daß ich mich sonst einsam fühlen würde. Ich weiß, daß sie das nicht wirklich verstehen können, daher achte ich darauf, sie normalerweise nur still zu beobachten und nur mit ihnen zu reden, wenn sie aktiv Kontakt suchen. Sie wissen natürlich, daß ich sie beobachte, aber so lange sie es nicht direkt merken, stört es sie nicht. Das ist bei ihnen nämlich so ein emotionales Ding, daß sie sich automatisch bedroht fühlen, wenn sie merken, daß man sie beobachtet, selbst wenn sie ganz genau wissen, daß der, der sie beobachtet, ihnen gar nichts tun will, sondern sie so gut, wie es ihm möglich ist, beschützt.

Ich hatte auch den arroganten Adeligen, die sich auf der Erde als Götter aufspielen, die sich selbst großartige Eigenschaften unterstellen, die sie nicht haben, gesagt, daß sie mir jederzeit technische Fragen stellen können, aber daß ich sie genauso im Blick behalte, hatte ich nicht verraten. Ein paar nutzten dieses Angebot, weil sie tatsächlich arbeiteten und daher immer wieder technischen Rat brauchten. Aber die ekelhaften Kerle, mit denen man beim besten Willen nicht auskommen kann, taten das nicht, denn sie waren auch noch stinkenfaul und taten die Arbeit nicht, die theoretisch ihre Aufgabe war. Denen fiel dann auch wieder ein, daß ich eigentlich ein Sklave bin, der einen Strafer unter dem Schulterblatt eingepflanzt hat, mit dem sie mich foltern können. Ich habe dann den Arzt gefragt, ob er mir das Ding entfernen kann. Er hat das mit ein paar Leuten besprochen und dann gemacht. Ekelhafte Typen, die nichts anderes zu tun haben, als andere Menschen ohne jeden Grund zu quälen, mag nämlich keiner. Den Strafer halte ich auch für die bescheuertste Erfindung, auf die je ein Mensch gekommen ist, denn wie man sehen kann, wird er nur benutzt um Leute an der Arbeit zu hindern und ihnen jede Motivation zu nehmen. Meine Sklaven gehorchen mir ohne weitaus besser, als sie das bei jedem anderen machen und ich bin überzeugt, es liegt daran, daß ich freundlich zu ihnen bin. Leider sehen das selbst die anständigeren Möchtegerngötter nicht ein. Ein weiteres Ärgernis war, daß sie den Sklaven die lebensverlängernden Medikamente vorenthalten, obwohl ich ihnen ausgerechnet habe, daß die Behandlung billiger ist, als einen neuen Sklaven zu kaufen. Ganz zu schweigen davon, daß sie anfangs sowieso ihre Arbeit noch nicht beherrschen und es deshalb besser wäre, wenn sie gleich hier aufwachsen würden, wo sie von klein auf die richtigen Grundlagen lernen können. Ach und Kinder finden sie übrigens lästig, dabei ist das doch etwas schönes! Ich frage mich echt, wo die diese Geisteskrankheit herhaben, denn meine Sklaven haben die nicht und kümmern sich auch anständig um Untergebene, die sie anleiten sollen.

Jedenfalls stimmte mir wirklich jeder zu, daß alles besser geworden ist, seit ich die Leitung in der technischen Wartung der Raumstation habe. Es gibt nur diverse Idioten, die ernsthaft glauben, es läge an meinen Implantaten und nicht an mir als Person! Dabei sehen sie doch, daß der typische Erdensklave mit denselben Implantaten nicht dasselbe bewirkt.

Kersti

Fortsetzung:
F2060. Jender LZB99-950-41: Nach hundert Jahren ging mir der Lesestoff aus

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben