F2283.

Ich erfuhr, daß die Zuchtmenschen zu einer unfaßlich großen Anzahl teilweise weit entfernter Kulturen Daten gesammelt hatten

Vorgeschichte: F2282. Diro von Karst: Die besonders aufregenden Aspekte von Turins Hochzeit blieben uns glücklicherweise erspart

Silvina von dem weißen Stern erzählt:
Diros Heimat erinnerte mich an meinen eigenen Herkunftsort und das war leider kein schmeichelhafter Vergleich. Zwar hatte Diro, als ich ankam, bereits alle echten Sadisten entlassen oder eingelocht, trotzdem bekam ich von denjenigen Sklaven, die hauptsächlch Opfer gewesen waren oder einfach schnell genug begriffen hatten, wohin der Hase läuft und deshalb noch da waren, genug Gruselstories erzählt, daß ich sehr an meine unglückliche Kindheit erinnert fühlte. Es war sehr beruhigend, daß immer ein XZB12 bei mir und den Kindern war und aufpaßte, daß uns nichts passiert.

Auch mit Diros Stiefmutter hatte ich mich unterhalten. Sie war ein völlig verängstigtes Ding und befürchtete ständig, daß Diro sie bestrafen könnte, obwohl ich ihr versicherte, daß er das gar nicht vorhatte, weil er schon wußte, daß ihr die Ausbildung gefehlt hatte, um einen Planeten gut zu verwalten. Ich habe die Ausbildung natürlich auch nicht wirklich, aber da Diro, seit ich seine Kinder bekommen hatte, viel mit mir über Politik redete, hatte ich inzwischen angefangen, mir dieses Wissen anzueignen, weil an diesen Gesprächen immer irgendetwas so interessant war, daß ich es nachschlug, um es besser zu verstehen. Und dann habe ich in dem Lexikonartikel immer Hinweise auf Bücher gefunden, die interessant genug waren, um sie auch noch zu lesen. Ich fragte sie also, wie es ihr ergangen war und war danach heilfroh, daß ich mich in die Prostitution geflohen hatte, nur um ausgerechnet dem Sohn des Tyrannen zu begegnen, vor dem ich geflohen war. Und das war schon echt komisch, denn wer hätte damit gerechnet, daß der Sohn von diesem sadistischen Irren so ein netter Kerl ist, auch wenn er das gerne hinter gruseligen Sprüchen verbirgt?

Sirach vom hellen Tal, den Diro sich als Stellvertreter gewählt hatte, hatte auch eine sehr nette Frau mit der ich mich wesentlich besser verstand als mit meiner verängstigten Schwiegermutter. Auch ihr Mann stammte aus einem adeligen Elternhaus, das kein Mensch braucht, auch wenn die Verhältnisse nicht ganz so schlimm waren wie bei Diros Vater und auch Sirach hatte sich für einen weitaus besseren Weg entschieden als seine Familie. Die junge Frau war aus einen unbedeutendem Haus und hatte ihren Mann selbst gewählt, was ihr so nicht so einfach möglich gewesen wäre, wenn sie dem Hochadel entstammt hätte wie Diro und ich, aber charakterlich konnte ich doch einige Gemeinsamkeiten mit ihr entdecken. Wir redeten viel über Politik, weil wir beide begeistert von unseren idealistischen Männern waren, die die Welt zu einem besseren Ort machen wollten.

Die XZB12s, die Wache hatten, hörten unseren Gesprächen meist nur zu, oder genauer gesagt, machten sie immer den Eindruck, sie würden ganz vertieft irgendetwas lesen, aber wenn man sie nach ihrer Meinung fragt, stellt man fest, daß sie jedes Wort mitbekommen haben und sich durchaus ihre eigenen Gedanken zu Politik machen. Ich gewöhnte mit an, ihnen öfter Fragen zu stellen und hatte dann das Gefühl, mit einem lebenden Lexikon zu reden. Egal über was man redet, sie haben immer weitergehendes Wissen parat. Aber es war nicht nur ihr Wissen was interessant war, sondern auch ihre Ideen, wie man die Welt verbessern sollte, also stellte ich ihnen immer weitergehende Fragen dazu und dabei merkte ich dann, daß sie mehr über die Feinde unseres Reiches wußten, als ich irgendwo anders je gelesen hatte. Es war als hätten sie mit Leuten gesprochen, die in den verfeindeten Reichen leben. Ich fragte, wie das kam und Sillich XZB12-130-7 erklärte mir, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, daß Zuchtsklaven doch auch manchmal in Gefangenschaft geraten und sie würden dann selbstverständlich auch Briefe nach Hause schreiben und von ihrem Leben erzählen.
"Wie soll denn das gehen, wir führen doch keinen Handel mit denen!" fragte ich.
"Noch nie was von Schmuggel gehört?" fragte Sillich grinsend.
Schon das hatte ich - aber wer würde es wagen mit den Drachen oder menschenfressenden Echsen zu handeln? Das war doch gefährlich!
"Da gibt es Möglichkeiten, die nicht gefährlicher sind als jeder andere Schwarzhandel auch." antwortete Sillich.

Jedenfalls hörte ich an dieser Stelle nicht auf zu fragen und erfuhr, daß die Zuchtmenschen zu einer unfaßlich großen Anzahl teilweise weit entfernter Kulturen Daten gesammelt hatten. Manche dieser Kulturen kannten sie nur aus Übersetzungen, die in anderen Kulturen durchgeführt worden waren und manche Berichte stammten aus anderen Galaxien. War das faszinierend!

Ich las mir jedenfalls manches durch und unterhielt mich mit den XZB12s darüber, was man alles für interesante Dinge daraus lernen kann.

Kersti

Fortsetzung:
F2284. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben