erste Version: 9/2022
letzte Bearbeitung: 9/2022

Chronik des Aufstiegs - Mittelalter und frühe Neuzeit: Der versperrte Weg zur Gewaltenteilung

F2365.

Honorius stand plötzlich vor mir und er war wie immer

Vorgeschichte: F2364. Kersti: D

Honorius Vater erzählt:
Honorius stand plötzlich vor mir und er war wie immer, inklusive des herrlichen schwarzen Hengstes, der ihm wie immer über die Schulter guckte, obwohl der Junge sich gar nicht die Mühe machte, ihn festzuhalten.

Mir standen plötzlich die ganzen schlechten Nachrichten vor Augen, die ich innerhalb der letzten zwei Jahren erhalten hatte. Honorius stünde vor der Inquisition, weil er eine schwarze Messe durchgeführt hätte. Ich habe das nicht geglaubt, schließlich konnte das niemand glauben, der ihn wirklich kannte. Aber irgendjemand hatte dafür so überzeugende Beweise fabriziert, daß sie diverse hochrangige Leute überzeugt hatten, die nie Gelegenheit gehabt hatten, Honorius kennenzulernen. Ich konnte mir, ganz gleich, wie ich die Angelegenheit drehte, nicht vorstellen, wie ich ihn heile da wieder hätte herauskriegen sollen, zumal es hieß, er wäre gefoltert worden. Außerdem wurde mir siedendheiß klar, daß ich seine Beschwerde, daß der Bischhof ihn sexuell belästigt, weitaus ernster hätte nehmen sollen, als ich es getan habe. Schließlich war der Bischhof an dem ganzen Kram beteiligt und wahrscheinlich war er schuld daran! Dann hieß es, Honorius wäre geflohen. Mir hatte das kurz Hoffnung gemacht, bis ich erfuhr, daß man ihn tot auf der Straße aufgefunden hätte. Doch er blieb nicht tot, sondern kurz darauf erfuhr ich, daß er lebend wieder aufgetaucht sei, aber daß sein Onkel stattdessen ermordet worden sei. Kurz darauf kam seine Mutter, meine Geliebte vom Mars mit ihrem Fluggerät und brachte neue Nachrichten. Einmal war sie selbst in Tränen aufgelöst, weil sie überzeugt war, ihr Sohn würde sterben, doch auch fast alle Briefe besagten, daß die Überlebenschancen sehr gering waren, nur Honorius selbst behauptete, das würde alles schon wieder werden. Ich glaubte, er wolle mich nur beruhigen.

Und dann eines Morgens, nachdem ich in der Kapelle wieder einmal über meinen Sohn geweint hatte, statt meine spirituellen Übungen richtig zu machen, stand er plötzlich vor mir und er war wie immer.

Ehrlich gesagt, finde ich das am Unglaublichsten. Er wirkte nämlich immer wie ein zarter lieber Junge, sehr sanft und eigentlich zu gut für diese Welt. Er wurde oft für jünger gehalten, als er ist und immer wieder halten ihn Leute für einen Weichling. Das ging mir ganz am Anfang auch so, aber er war da ja auch noch sehr klein gewesen und ich dachte damals, das liegt daran, daß er nicht auf der Erde lebt. Als ich ihn dann genauer kennenlernte, weil er sich als Zehnjähriger entschieden hatte, auf der Erde leben zu wollen, stellte ich ziemlich schnell fest, daß an dem Jungen mehr dran war, als man auf den ersten Blick meint. Nicht nur daß er ein sehr kluger Junge war, sondern auch, daß er sich durchsetzen konnte und vor nichts Angst hatte.

Ich sagte ihm, daß er mit nach Hause kommen und mir alles ganz genau erzählen sollte. Das tat er dann auch und ich stellte fest, daß er noch beeindruckender war, als ich immer gedacht hatte. Ich meine, ich habe mir um meinen Sohn Sorgen gemacht und habe meine spirituellen Übungen nicht mehr hinbekommen. Mein Sohn ist gefoltert worden, wurde in in winziges dunkles Loch von Kerker gesperrt und wußte nicht, ob er das überleben würde und meinte nur "Na klar habe ich meine spirituellen Übungen gemacht. Ich hatte doch reichlich Zeit und in solchen Situationen ist das besonders wichtig!" Nun, da konnte es so wichtig sein wie es wollte, ich hätte das an seiner Stelle sicherlich nicht hinbekommen. Dasselbe mit dem Thema Folter standhalten. Ich habe da keine eigenen Erfahrungen, aber von ihm zu hören "Er hat mir unterstellt, ich würde schwarze Magie betreiben und hat selber mindestens ein kleines Kind ermordet. Wenn er das macht, wie kann ich mich ihm dann unterwerfen? Da weiß man doch nicht was er als nächstes verlangt!" An der Logik war natürlich nichts auszusetzen. Aber wer hält das durch?

Daß sich jemand gefunden hat, der ihm bei der Flucht geholfen hat, wundert mich eigentlich weniger, denn er ist die Sorte Mensch, die immer mal wieder etwas für andere tut, was ihnen das Gefühl vermittelt, sich revanchieren zu müssen. Daß ihm die Flucht aber in dem Zustand, in dem er war, gelungen ist und daß er sie überlebt hat, das wundert jeden, der ihn danach gesehen hat und weiß, was Menschen normalerweise nicht überleben.

Kersti

Fortsetzung:
F2366. Kersti: D

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben