FC19.

Blutspende

"Khaerith zur Operation! Khaerith zur Operation!"
Ich hörte diese Worte und wünschte mir, einfach wegrennen zu können. Dummerweise hatte ich nicht die geringste Chance. Auch das Sicherheitssystem, das verhindern sollte, daß ich die uns zugewiesenen Räume verließ, wies keine Lücke auf. - Zumindest keine, die ich bisher entdeckt hatte und ich hatte danach gesucht. Nun - jedes Sicherheitssystem wies Lücken auf. Egal ob es von Menschen oder Drachen entwickelt worden war. Aber es dauerte manchmal mehrere Leben, ehe einer von uns berichten konnte, ein solches System geknackt zu haben. Schweigend machte ich mich in Richtung Operationsraum auf und ging durch die Türen, die sich jetzt, da ich dorthin sollte, vor mir öffneten. Leider blieben alle Seitentüren verschlossen, weil der kleine Sender unter meinem Schulterblatt die Computerchips in den Schlössern informierte, daß ich keine Durchgangserlaubnis hatte.

In der Tür des Operationsraumes blieb ich stehen und schaute mich aufmerksam um. Ich entdeckte eine große Flasche - mindestens fünf Liter - mit isotonischer Salzlösung. Dann fragte ich die Ärzte, was mich diesmal erwarten würde.
"Keine Sorge. wir nehmen dir nur ein wenig Blut ab." antwortete eine Krankenschwester beruhigend.
"Ein wenig? Und weshalb braucht ihr dann fünf Liter Salzlösung?" fragte ich.
Niemand antwortete. Sie würden mir den größten Teil meines Blutes abzapfen, wenn sie so viel Flüssigkeit ersetzen mußten. Aber ich würde es höchstwahrscheinlich überleben - sonst hätten sie gar keine Salzlösung gebraucht.

Ich legte mich hin, wurde angeschnallt und die Liege so eingestellt, daß meine Beine deutlich höher lagen als der Kopf während mein rechter Arm nach unten hängen lassen wurde. Dann wurde in meinen linken Arm eine Infusionsnadel für die Salzlösung eingestochen, nachgeschaut ob sie die Ader auch wirklich getroffen hatten, doch die Infusion noch nicht laufen lassen, um das Blut nicht zu verdünnen. In den herunterhängenden rechten Arm wurde die Nadel zum Blutabzapfen gestochen und festgeklebt. Sie ließen das Blut laufen, bis mir schwarz vor Augen wurde, obwohl mein Kopf beinahe die tiefste Stelle des Körpers war. Das heißt der gesamte Unterleib und die Beine mußten praktisch blutleer sein. Dann erst stellten sie die Infusion an, um die Flüssigkeit zu ersetzen und ließen mich wieder einmal einfach so liegen. Es war wieder die Psychologin, die mich abholte - allerdings war ich diesmal viel zu schwach, um sie anzusprechen. Sie schob einfach die Behandlungsliege mit mir in meinen Schlafraum.

Am nächsten Tag schaute der Psychologieprofessor herein. Er fragte mich, ob ich wieder einmal zu faul wäre, um zu arbeiten. Ich solle gefälligst an meiner Geschichte weiterschreiben. Ich bat ihn, die Tastatur auf meinen Bauch zu legen und den Computerbildschirm so hinzustellen, daß ich ihn im Liegen sehen konnte. Zum Aufstehen sei ich schließlich noch zu schwach. Er lächelte und tat was ich ihm gesagt hatte.

Als die Psychologin mir später am Tag mein Mittagessen brachte, war sie überrascht, mich arbeiten zu sehen.

Dabei war diese Blutspende harmlos gewesen - bis auf die beiden Nadelstiche hatte sie nicht wehgetan, und bleibende Schäden hatte sie glücklicherweise auch nicht hervorgerufen. Wenn nur alle Operationen so wären!

Kersti


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