Der Sadist
Vorgeschichte:
FE3.
Der passende Partner
Geria, die Reitlehrerin:
Eines Tages fragte Jorian mich, ob er an meinen Computer dürfe. Ich erlaubte es ihm.
"Auch ins Netz?"
Ich gab ihm die Erlaubnis auch ins Internet
zu schauen und wandte mich wieder meiner
Hausarbeit zu. Als ich wieder nach ihm
schaute, las er ganz vertieft eine Mail. Ich
dachte mir nicht allzuviel dabei. Dabei hätte
es mich im Grunde wundern sollen, daß er
mit dem Computer umgehen konnte.
In der folgenden Zeit ging er regelmäßig ins
Netz. Schließlich fragte ich ihn, mit was er
sich beschäftigen würde.
"Ich lese das wissenschaftliche Fachbrett zur
Erforschung der Zentauren." antwortete er.
Ich fragte überrascht:
"Verstehst du das überhaupt?"
"Ja. Du hast mir doch ein Lexikon geschenkt. Das hier beispielsweise
stammt von Humbold. Er ist ein Mensch, der Spaß daran hat, andere
zu quälen. Er foltert jeden, den er kriegen kann, schreibt
darüber ein Buch und nennt das dann eine wissenschaftliche
Forschungsarbeit. Leider gibt es auch noch Idioten, die so etwas lesen.
Diesmal hat er ein Forschungsvorhaben über mich erstellt."
antwortete er.
Ich war entsetzt und fassungslos, daß er
das so ruhig und gelassen sagte, als würde
er über das Wetter reden.
"Das hier ist meine Erwiderung. Humbold ist
der einzige, der hier dermaßen mit Fachbegriffen um sich wirft.
Deshalb wird er wohl verstehen, was für Beleidigungen ich da
geschrieben habe. Irgendjemand muß ihm
schließlich einen Schuß vor den Bug geben,
wenn er solchen Mist schreibt." fuhr er
fort.
"Wird er sich dafür nicht rächen?" fragte ich.
"Wohl kaum. Sie halten mich für einen Wissenschaftler, der sich
anonym an der Diskussion beteiligt." erklärte der Zentaur.
"Aber wie ist das möglich?" fragte ich.
"Ich habe einen besseren Grund, alles über wissenschaftliche
Forschungsarbeiten über meine Rasse zu wissen, als jeder von ihnen.
Also weiß ich auch mehr als die meisten." antwortete der
Zentaur.
Das hört sich logisch an, bis man bedenkt,
daß ein Wissenschaftler 50 Jahre studiert,
ehe er zu arbeiten beginnt.
Humbold, der Sadist:
Fassungslos starrte ich auf die Mail, mit der der Seriat auf mein
Forschungsvorhaben reagiert hatte. Er hatte mich durchschaut! Jetzt
wußten alle, daß ich zu dumm war, um ein echter Forscher zu
sein... Immer noch zitterte ich innerlich vor der eiskalten Verachtung,
mit der mich dieser unbekannte Seriat überschüttet hatte.
Dann packte ich für den Flug nach Gut Faht.
Am nächsten Tag landete ich mit meinen eigenen Flugwagen auf der Gästelandefläche des Gutes. Innerhalb von Minuten wurde mir der Zentaur vorgestellt, den ich diesmal foltern würde. Sie hatten sich nicht mal die Mühe gemacht, ihn anzubinden, so brav war er.
"Du wirst dich sicher freuen, mich in den
nächsten Tagen gut kennenlernen zu können."
"Dein Name ist mir ein Begriff. Er ist der verachtenswerteste, den
ich kenne." antwortete der Zentaur, drehte sich um und ging.
Alle Anwesenden starrten ihm fassungslos
hinterher. Es traf mich bis ins Mark,
von diesem Wesen mit solcher Verachtung
überschüttet zu werden. Schon wieder!
Selbst dieses Tier wußte, wie wertlos ich eigentlich war.
"So hat er sich noch nie benommen." sagte
der Herr erschüttert.
Als ich am nächsten Morgen ins Labor kam, führten sie auch den Zentaur herein. Er wechselte leise einige Worte mit dem Stallburschen, und führte dessen Anweisungen gehorsam aus, half ihm sogar beim festzurren der Riemen, mit denen er gefesselt wurde. Als der Stallbursche gegangen war, hob der Zentaur den Blick und musterte mich mit steinernem Gesicht.
Ich begann ihn zu foltern, doch abgesehen von den durch die Stromstöße ausgelösten Muskelzuckungen, blieb das Gesicht des Zentaurs völlig unbewegt, steinern, kalt. Er schrie nicht, bettelte nicht um Gnade, musterte mich nur mit eiskalter Verachtung. Ich suchte nach noch grausameren Foltermethoden, um irgendwie diese unbewegte Fassade zu erschüttern. Ich probierte alles durch, was mir einfiel. Doch nichts geschah. Keine Wirkung. Ich fühlte mich durch die Unerschütterlichkeit des Zentaurs, der doch eigentlich hilf- und wehrlos sein sollte, bedroht, wie ein in die Ecke gedrängtes wildes Tier. Mittags als seine Forschungszeit um war, hatte er immer noch keinen Erfolg gehabt. Er verließ das Labor, ohne den Zentaur von den Fesseln zu befreien.
Jorian, der Zentaur:
Humbolds Persönlichkeit war wie ein ekliges
schleimiges Tier, ohne Würde, ohne Ehre.
Ich wußte, er wollte mich weinen sehen,
daß ich ihn um Gnade anflehte - und den
Triumph gönnte ich ihm nicht. Ich wußte,
daß ihn gerade das aufstachelte, noch mehr
zu foltern. Aber ich konnte mich nicht einmal überwinden, so zu tun,
als wollte ich mich ihm unterwerfen. Dabei war ich ja in
der Realität seinen Launen völlig ausgeliefert. Also ließ
ich seine Foltern in scheinbarer Ruhe über mich ergehen und kochte
innerlich vor Wut.
Nachher war das Nervensystem dermaßen überreizt, daß einerseits mein gesamter Körper wie Feuer brannte und zuckte, ich aber andererseits keine gezielte Bewegung machen konnte. Er ließ mich einfach im Gestell hängen. Ich blieb stundenlang dort allein, bis mich schließlich Geria, die Reitlehrerin fand. Als sie mich ansprach, versuchte ich zu anworten, konnte aber keinen Ton herausbringen. Sie ging. Ich bekam Angst, daß ich die ganze Nacht hier hängen müßte.
Eine halbe Stunde später kam sie mit zwei Pferden wieder. Sie hängte mich mit zwei Riemen zwischen die Tiere und tansportierte mich so unter die Mannschaftsdusche der Stallburschen. Sie stellte alle vier Duschen an und ließ das warme Wasser über meinen Rücken laufen, bis sich meine verkrampften Muskeln so weit entspannt hatten, daß es mir gelang, mich aufzurichten. Ich versuchte die Schnallen der Riemen zu öffnen, doch meine Hände zitterten immer noch zu sehr. Da ich in dem Zustand sowieso kein verständliches Wort herausgebracht hätte, sah ich Geria nur bittend an. Sie kam herüber und löste die Riemen. Dann stellte sie die trockene Warmluft ein, damit die Pferde und ich wieder trocken wurden. Zuerst beunruhigte die Tiere das Geräusch, aber als sie sahen, daß ich mich nur behaglich streckte, beruhigten sie sich wieder. Wenn sie wüßten, daß ich mich auch durch drohende Foltern nicht aus der Ruhe bringen lasse, hätte meine Gegenwart sie zweifellos nicht beruhigt.
Geria begann mich zu striegeln und weinte
dabei die ganze Zeit. Auch das half mir,
meine Muskeln weiter zu entspannen. Langsam ließ das Zittern nach.
Schließlich meinte, ich, daß es mir gelingen könnte, zu
reden.
"Gcherahch." versuchte ich es, doch ihr Name kam so verzerrt
heraus, daß ich mich
wunderte, daß sie mich überhaupt verstand.
Allerdings war ihre Reaktion nicht sonderlich
sinnvoll. Sie warf sich um meinen Hals
und brach in verzweifeltes Schluchzen aus.
Sanft legte ich ihr meine immer noch zitternden
Hände auf die Schultern. Ich wußte
ja, daß sie mich liebte. Aber mußte es
wirklich sein, daß ich sie gerade dann trösten
mußte, wenn ich so sehr gefoltert
worden war, wie noch nie in meinem Leben?
Und ich hatte immerhin diverse Erfahrungen
in dem Bereich sammeln können.
Ich streichelte sie sanft und wartete, bis sie sich einigermaßen wieder beruhigt hatte.
"Warum hast du ihn so gereizt? Er bringt dich doch um!" warf sie
mir schließlich vor.
Da ich den Versuch, jetzt schon zu sprechen für zwecklos hielt,
nickte ich nur ernst und zuckte dann mit den Schultern.
Sie hatte recht mit dem, was sie sagte.
Dennoch fühlte ich tiefe Befriedigung, weil
meine Verachtung ihn getroffen hatte. Ich
wollte niemanden hassen. Aber es ließ sich
nicht leugnen, daß ich ihn haßte und ich
war entsetzt, daß ich so für einen Menschen empfinden
konnte.
Einen Tag lang ließ er mich fast in Ruhe.
Doch am Abend, als ich nach einer ziemlich
mißglückten Reitstunde noch gesattelt war,
kam er zu mir herüber.
"Ich warne dich. Wenn du aufsteigst, werfe
ich dich ab." teilte ich ihm kühl mit.
Er schwang sich auf meinen Rücken. Ich
galloppierte los. Da mir der Reitplatz zu
klein war, um mein volles Tempo zu erreichen, sprang ich über den
Zaun. Sobald ich schnell genug war, daß sich niemand hätte
dabei halten können, schlug ich im vollen
Gallopp einen Haken. Beim Sturz schrie er
laut auf.
Dann hielt ich an, drehte um und sah nach,
ob er sich verletzt hatte. Sein lautes Lamentieren, daß er sich
bestimmt alle Knochen gebrochen hätte, war leider sehr eindeutig:
das konnte keine ernsthafte Verletzung sein. Höchstens eine
Verstauchung. Wahrscheinlich nicht einmal das. Schade.
"Halt die Klappe, wenn du nicht willst, daß ich dich jetzt zu
Hackfleisch verarbeite." befahl ich ihm eiskalt.
Er verstummte, verblüfft über diese Unverschämtheit. Dann
drehte ich ihm den Rücken zu und ging in meine Box. Nicht daß
das der Ort gewesen wäre, wo ich mich am liebsten aufhalte. Aber ich
hatte keine ausreichenden Vorbereitung für eine erfolgreiche
Flucht getroffen, deshalb konnte ich die
elektronischen Sender, die das in meinen
Körper eingepflanzte Foltergerät aktivieren
würden, wenn ich den Hofbereich verließe,
nicht passieren ohne bis zur Bewegungsunfähigkeit gefoltert zu
werden. Also war es am Klügsten die Folgen meiner
Unverschämtheit ruhig abzuwarten. Ich war entsetzt
über mich selbst, weil ich absichtlich
zu einem anderen Wesen grausam gewesen
war. Nie zuvor hatte ich das Bedürfnis gespürt.
Bis zum nächsten Morgen geschah nichts. Ich habe sogar gut geschlafen. Dann holte mich der Stallknecht ab, brachte mich in das Labor und fesselte mich wie üblich an das Gestell. Ich bat ihn, nachzuschauen, wenn der Wissenschaftler das Labor verläßt, weil ich mir beinahe sicher war, daß Humbold mich wieder einfach am Gestell hängen lassen würde. Humbold stellte das Foltergerät so ein, daß es ohne sein Zutun weiterlief und verließ den Raum. Draußen hat er dann so ein Theater gemacht und ist abgereist, daß niemand auf den Gedanken kam, nach mir zu schauen. Sie glaubten, daß ich in meiner Box wäre. Erst spät am Abend, vermißte Geria mich, suchte und fand mich im Labor. Sie stellte das Gerät aus, dennoch dauerte es drei Tage, bis ich wieder selbständig laufen konnte.
Karima konnte ich nicht davon erzählen, da sie mit ihrem Geliebten eine Vergnügungsreise machte. Der Gutherr drohte mir, daß er mich selber monatelang so schlimm foltern würde, wie Humbold es getan hatte, wenn seine Tochter auf irgendwelchen Wegen davon erfahren würde.
Sie kam, bevor sie für ein ganzes Jahr fortflog um andere Planeten zu besuchen, nicht wieder nach Hause. Und danach würde sie zur UNI fliegen um zu studieren. Die UNI war fast wie ein Gefängnis. Erst wenn die Studenten ihr Studium nach etwa 50 Jahren abgeschlossen haben, dürfen sie sie wieder verlassen.
Fortsetzung:
FE5.
Die Macht des geschriebenen Wortes