Ich befinde mich in einer wüsten Landschaft über der ein fahles Licht zu spüren ist. Es gibt nichts wovon man leben kann, denn alles ist zerstört und tot. Aber ich kann auch nicht sterben, denn sterben ist böse und mein Körper ist zäh und kann Jahrtausende alt werden und ich kann mich nicht von ihm lösen, egal wie weh er mir tut, denn ich bin dort zur Strafe für meine Untaten mit Stangen dran gefesselt. Ich selbst gehe davon aus, daß ich nichts zu meinem Schutz tun kann, kann jedoch auch nicht ruhig sein. Ich gehe und gehe und gehe und suche etwas zu trinken und zu essen, doch es gibt nichts. Ich bin an allem Schuld und deshalb habe ich die Strafe verdient. Daran kann ich mich noch erinnern, das ist alles.
Ich sehne mich nach anderen - sogar nach denen, die mich immer bestraft haben. Denn die Strafen hören ja nicht auf, die kommen von alleine immer wieder, wenn ich das Falsche denke. Jedesmal wird dann meine gesamte Erinnerung zerstört und das Gerät ist jetzt in den Stangen fest. Ich lerne, nichts Falsches mehr zu denken. Wenn jemand etwas Böses getan hat, dann war ich das und ich muß bestraft werden, sonst passiert etwas Schreckliches... Das muß ich mir merken... Klar, daß nur ich selbst mich so mißhandelt haben könnte. Ich bin schließlich an allem Schuld. Auch an dem, was mir zustößt.
Mein Körper zerfällt langsam in seine Einzelteile, verwest und verfault, und er tut weh, weh, weh. Und trotzdem kann ich nicht sterben. Aber ich muß ja bestraft werden, ich bin an allem Schuld. Deshalb kann ich nicht sterben. Ich gehe und gehe und suche Wasser und essen, doch es gibt nichts. Das ist auch eine Strafe, ich bin ja an allem Schuld. Als der Körper nur noch eine amorphe Massen von Lehm oder Nebel ist, suche ich immer noch nach Wasser und kann immer noch nicht sterben. Doch ich nutze die Zeit um die wirren Gedankenfetzen zu ordnen, zu klassifizieren, zu etwas Ganzem zusammenzufügen. Mehrfach wird es mir wieder zerschlagen, aber jetzt überwacht mich kein lebender Mensch, ich kriege heraus, was ich vermeiden muß, um den Zerstörungsmechanismus ruhig zu halten und repariere.
Quelle: Erinnerung an ein eigenes früheres Leben
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, Internetseite: https://www.kersti.de/ E-Mail an Kersti
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