Hilfe für ein Essenerdorf

Eines Tages kam Jesus, befahl mir, den Stall auszumisten und war wieder weg, bevor ich ihn fragen konnte wozu. Ich war überrascht: das gehörte gewöhnlich nicht zu meinen Aufgaben. Da Jesus meist gute Gründe für seine Anweisungen hat, tat ich, was er gesagt hatte. Nachdem ich das schmutzige Stroh entfernt hatte, befahl er mir, feucht aufzuwischen, was mich ebenso erstaunte. Ich tat es. Dann sollte ich eine gleichmäßig dicke Schicht frisches Stroh auf dem Fußboden verteilen. Schließlich kam eine unserer Frauen und deckte saubere Bettücher darüber. Kaum waren wir fertig, kamen Flüchtlinge herein. Sie hatten erschreckend viele, schwer verletzte Männer, Frauen und Kinder bei sich.

Als ausgebildeter Heiler kümmerte ich mich sogleich um ihre Verletzungen. Wie immer begann ich mit dem körperlichen Teil: Wunden verbinden, wo nötig nähen und mit Heilkräutern versorgen. Danach widmete ich mich dem geistigen Teil der Arbeit. Gebet, Energieübertragung, Liebe. Neben der Arbeit an verletzten, feinstofflichen Körpern, fing ich immer wieder auch bildhafte Erinnerungen an das Geschehene auf.

Die Flüchtlinge stammten aus einem nahegelegenen Essenerdorf und waren dort von römischen Soldaten überfallen worden. Viele wurden dabei getötet, schwer verletzt, selbst Kleinkinder nicht verschont. Wir haben uns im Nachhinein gewundert, daß sie mit den vielen Verletzten überhaupt bis zu uns gelangen konnten. Unser Haus, das Haus von Jesu Jüngern, war das nahegelegenste, wo jemand lebte, den man vielleicht um Hilfe hätte bitten können. Auch wenn wir nicht normale Essener waren und gerade die Bauern, die mit den Essenern in Verbindung standen, Jesus mit Mißtrauen betrachteten, weil er manche der strengen Regeln des Ordens bei Weitem nicht so wichtig nahm, wie sie. Weiter hätten sie es einfach nicht geschafft.

Nachdem ich die Heilarbeit bei dem dritten oder vierten abgeschlossen hatte, sah ich mich um und entdeckte, eine unserer Heilerinnen, die über einem Verletzten zusammengebrochen war. Ich kniete mich neben sie, wandte mich nach innen, hüllte mich in Frieden und folgte ihr anhand ihres Energiefeldes in die geistige Welt. Dort stand sie und starrte fassungslos auf eine dieser schrecklichen Scenen jenes Tages. Sie bemerkte mich nicht. Ich nahm sie mit in das Friedens-Energiefeld, in das ich mich gehüllt hatte und legte meinen Arm um sie. Langsam löste sich die innere Starre und sie spürte meine Anwesenheit.
"Karja, komm. Diese Arbeit muß ein anderer zuendeführen." sagte ich und holte sie zurück in die Realität. Danach schickte ich sie hoch in unseren Schlafraum und verbot ihr, heute noch einen Handschlag bei den Verletzten zu tun. Sie hatte sich überfordert. Ich aber arbeitete weiter und brach noch am selben Tag ebenfalls über einem der Verletzten zusammen, weil ich nicht das Leid von so vielen Menschen mittragen konnte, wie ich behandelte. Miriam, meine Frau war es, die mich zurückrief. Danach dachte ich nach und sagte:
"Es hat keinen Sinn. Die schwersten Verletzungen sind schon versorgt. Bei den leichteren muß es reichen, daß Nicht-Heiler die Wunden verbinden. Laßt uns nach oben gehen."
Ich schaute nach, wo noch jemand arbeitete und sagte ihnen, daß sie aufhören und sich schlafen legen sollten. Es seien schon mehrere von uns über der Arbeit zusammengebrochen. - Und das ist gefährlich, wenn einen niemand rechtzeitig zurückruft. Daran kann man sterben und - Schlimmeres.

Die nächsten Tage gingen an die Grenzen unserer Kräfte. Wir hatten es uns zur Regel gemacht, daß alle Heiler zusammen in ein Zimmer mit Verletzten gingen und es auch nur zusammen wieder verließen, damit niemand verlorenging. Nach jedem Zimmer faßten wir uns an den Händen und ließen Heilenergie(VA180. Definition Eso) durch unseren Kreis fließen. Immer wieder mußten wir die Arbeit abbrechen, weil wir alle zusammen nicht mehr Heilkräfte mobilisieren konnten, als ein gesunder, unausgebildeter Mensch. Als nach und nach essenische Heiler aus anderen Dörfern zu uns kamen, um zu helfen, wurde es allmählich besser.

Am vierten Abend - wir hatten uns im Schlafraum der Heiler versammelt und unterhielten uns über die Arbeit des Tages. Nachdenklich betrachtete ich Jesus. Jesus ließ bei seiner Arbeit eine so hohe Energie in solchen Mengen durch sich fließen, daß der Körper, der für solche Belastungen nicht geschaffen war, das auf Dauer nicht aushielt. Deshalb mußte er sich von Zeit zu Zeit von uns zurückziehen und dem Körper Gelegenheit geben, sich zu regenerieren. Von den anwesenden Heilern, Jesus ausgenommen, hatten ich und meine Frau die beste Ausbildung genossen. Zuerst war ich seit meinem dritten Lebensjahr in Karmel ausgebildet worden, und nachdem ich einige Jahre als Heiler gearbeitet hatte, schloß ich mich im Auftrag meines Ordens Jesus an und lernte durch ihn noch vieles dazu. Die anderen anwesenden Heiler hatten entweder nur auf die traditionelle Art gelernt, wie es für Karmel typisch war. Oder sie waren nur durch Jesus ausgebildet worden und hatten dabei zwar ebensolche Heilerfolge, aber weniger theoretisches Wissen als ich. So kam es, daß ich derjenige war, der es merkte. Ich sah Jesus an und entdeckte die Anzeichen. Er hatte sich überfordert. Laut sagte ich:
"Jesus, es geht nicht an, daß du dich für uns umbringst. Du ziehst dich sofort zurück. Die restliche Arbeit könne wir allein bewältigen."
Jesus sah mir in die Augen. Ich erwiderte seinen Blick und öffnete ihm meinen Geist. Minutenlang starrten wir uns an, dann senkte er den Blick, sagte "Du hast recht." und ging.

Nein, Jesus ist nicht unfehlbar und er hat auch nie behauptet, er wäre es.

Nachsatz:
Der Befehlhaber der nahegelegenen römischen Garnison kam am zweiten Tag - ohne zu wissen, daß die Flüchtlinge bei uns versteckt waren - zu uns, gab von seinem privaten Geld und bat uns, es an die Flüchtlinge weiterzuleiten. Das, was in jenem Essenerdorf geschehen war, sei Unrecht. Einige Tage später teilte er uns mit, daß dort ein Offizier eigenmächtig gehandelt hätte, und dafür bestraft würde. So konnten die Essener zurückkehren, die Ernte einbringen und die Häuser wiederaufbauen. Nur die Schwerverletzten blieben einige Wochen länger bei uns.


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