R1.

Die ausbruchssichere Gefängniszelle

Jeder Rollenspieler weiß: es gibt keine ausbruchssichere Gefängniszelle.

Wer also in einen Kerker gesperrt wird, sollte sich zuerst von eventuellen Fesseln befreien. Wenn sie aus Bindfäden gleich welcher Art sind, kommt man entweder an die Knoten oder kann sie Faser für Faser durchreißen. Sollten die Fesseln aus Metall bestehen, wird der Held zweiffellos eine Eisensäge in seinem Rucksack haben, mit deren Hilfe er die Ketten durchsägen kann. Sollten die Wachen ihm den Rucksack ungehörigerweise abgenommen haben oder hat der Held nie eine Säge besessen, liegt sie sicher noch vom vorhergehenden Gefangenen zurückgelassen in einem Versteck. Wobei der Held sie selbstverständlich zum späteren Gebrauch in den Rucksack steckt. Ist aber tatsächlich kein Sägeblatt vorhanden, so ist entweder ein Kettenglied fast durchgerostet oder der Vorgänger hat es angesägt. Ist das nicht der Fall, läßt sich die Kette aus dem Mauerwerk lösen, so daß der Held nachher dennoch frei ist, oder sie hat ein Schloß, das der Held entweder magisch öffnen kann oder zu dem er den passenden Schlüssel im Rucksack hat. Sollte all das nicht zutreffen, war der Held von vorneherein nicht gefesselt.

Der nächste Schritt besteht darin, die Zelle durch den Fluchtweg zu verlassen. Das mag die lose Gitterstange im Fenster, die Latrine, nicht ausreichend festgefügtes Mauerwerk der Zellenwand, eine schadhafte Stelle an Schloß oder Scharnieren der Tür - oder vielleicht ein loses Brett in der Tür sein. Ist das alles nicht vorhanden, schaue man unter dem Bett oder Strohlager nach und verlasse die Zelle durch den Geheimgang. Ist er dort nicht zu finden, befindet sich entweder ein Schrank oder ein Teppich im Raum, der den Geheimgang verbirgt. Auch Bilder, Wandvertäfelungen und Holzverkleidungen von Fußboden oder Decke können als Versteck für den Geheimgang dienen.

Ist das alles nicht vorhanden, ist der Held entweder magisch begabt, er kann als Gestaltwandler unter der Tür durchfließen oder die Tür war von vorneherein nicht verschlossen. Alternativ kann auch derjenige, der das Essen bringt niedergeschlagen werden, solange die Tür noch offen ist.

Nach dem Verlassen der Zelle denke man daran, sich aus den Vorräten des Gebäudes mit besserer Ausrüstung und neuen Proviant zu versorgen.

Eines Tages machte ich als Rollenspielmeisterin eine großartige Erfindung. Ich erfand die ausbruchssichere Gefängniszelle. Es war sehr schwierig, die Helden nicht auch aus dieser Zelle entkommen zu lassen, denn sie schleppten dermaßen viele nützliche, teils sogar magische Gegenstände mit, daß ich jeden Ausrüstungsgegenstand einzeln unschädlich machen mußte. Außerdem mußte ich die Fähigkeiten des Gestaltwandlers magisch außer Kraft setzen.

Die Helden brauchten geschlagene vier Stunden, ehe sie die Suche nach einem Fluchtweg aufgaben.

Kersti


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