erste Version zwischen 07.06.2000 und 26.02.2001
letzte Überarbeitung: 9/2006

V169.

Ein professionelles Layout für "Idee und Bewegung"?

"Eure Arbeit schätze ich sehr ... Dennoch denke ich, daß mit ein paar Handgriffen deutlich mehr Professionalität und Profil gezeigt werden könnte."
Das ist ein Auszug aus einem Brief, den ich auf eine Anfrage nach Artikeln für "Idee und Bewegung" erhielt - und auch während der Redaktionssitzungen wurde oft diese Meinung vertreten.

Es stimmt: Mit ein paar Handgriffen könnten wir trotz der unterschiedlichen Computer und Textverarbeitungssysteme (Amiga, Atari ST mit Signum!, PC's mit Winword, Pagemaker) nahezu jedes beliebige einheitliche Layout erreichen.

Wir haben uns regelmäßig stundenlang darum gestritten. Ich kann mich an Redaktionssitzungen erinnern, wo ich fleißig mitgestritten habe und andere, wo ich davor in die Küche - Geschirr abtrocknen - geflohen bin. Von Zeit zu Zeit haben wir uns halbwegs - aber nur halbwegs - geeinigt. Drei Redaktionssitzungen später wurde alles wieder umgeschmissen.

Wir sind also ziemliche Chaoten? Irgendwo schon...

Im Grunde hätte natürlich jeder ein wenig nachgeben können von uns eigensinnigen Künstlern. Anderswo geschieht das ja auch. Stattdessen hat jeder darauf bestanden, seine Seiten so zu gestalten, daß er selbst dahinterstehen konnte. Dafür haben wir dasselbe bei anderen genauso akzeptiert.

Da fragt sich halt nur, wie es kommt, daß Leute, die es fertigbringen, sich über das Layout so in die Haare zu kriegen, über Jahre hinweg gemeinsam ein Heft herausgeben, ohne daß sich die Redaktion jemals gespalten hat. Und wenn die Einen gegangen sind, weil ihr persönliches Leben ihnen keine Zeit mehr ließ, kamen Andere nach, mit denen eine endgültige Einigung genausowenig möglich war.

Ich denke, die Ursache liegt auf der inhaltlichen Ebene. Denn da machen wir ja exakt dasselbe.

Darüber, was wohl hinter den Kulissen in Politik und Gesellschaft vorgeht, können wir uns ebenso heftig und regelmäßig streiten wie über's Layout. Das letzte Thema war der Kosovo-Konflikt. Beide Standpunkte haben wir ins Heft gebracht. (I&B 46, S.63+64; I&B 47, S.58) Und dennoch sind wir uns einig, das Heft inhaltlich so weiterzuführen, wie es bisher besteht.

Wir veröffentlichen grundsätzlich dermaßen miteinander unvereinbare Meinungen, daß es regelmäßig empörte Leserbriefe hagelt. - Aber auch lobende. Wegen derselben Texte. Darüber, was veröffenlicht wird und was nicht, sind wir uns relativ einig: Wir wissen aus Erfahrung, was Leser von Idee und Bewegung gerade noch verstehen können und was nicht mehr. - Gelegentliche Irrtümer inbegriffen.

Denn - hinter diesen doch diametral entgegengesetzten Meinungen darüber, was vermutlich in der Welt vorgeht, sind wir uns doch, was menschliche Grundsätze angeht, weitgehend einig. Wir glauben alle an das Gute im Menschen und daran, daß eine offene Diskussion am ehesten dazu geeignet ist, der Wahrheit nahe zu kommen. Wir halten nach dem augenblicklichen Stand unseres Wissens unsere jeweilige Meinung für richtig - aber uns ist auch bewußt, daß keiner von uns allwissend ist und daß sich auch nicht alles Wissen in einer kurzen Diskussion vermitteln läßt.

Bei jedem Redaktionsmitglied schimmert dieser Glaube an das Gute gelegentlich in einem eigenen Artikel durch. Jürgen Typke, dessen Artikel die Welt meist in ziemlich düsteren Farben schildern, schrieb auch "Der Mensch, ein Tragling" (I&B 35, S.72), das eine solche Freude darüber, welche positiven Potentiale sich in Menschen entwickeln können, ausstrahlt, daß ich zuerst kaum glauben konnte, daß er von Jürgen stammt. Bei anderen steht dieser positive Aspekt ganz im Vordergrund, wie wir das beispielsweise von Lampi kennen. Doch auch er sieht Gefahren und Probleme, die es anzupacken gilt.

Und genauso, wie wir auf unseren Redaktionssitzungen neben den heftigen Diskussionen auch immer wieder darüber reden, wie gut es ist, daß jeder von uns seine eigene Meinung hat und sie offen sagen kann, ist uns auch eine Redaktionssitzung ohne gemeinsame Lieder, Spiele und Tanz undenkbar. Und auch da haben wir unterschiedliche Geschmäcker, und auch da wird die Vielfalt dem Einheitsgeschmack vorgezogen.

Vielleicht wäre "Profil" zeigen unehrlich. Vielleicht ist das vielfältige Layout, das sich einfach nicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen läßt, die einzig mögliche Ausdrucksform für eine Redaktion, die sich aus so unterschiedlichen Menschen zusammensetzt und es sich zum Prinzip erhoben hat, die ganze Bandbreite der Meinungen, Sichtweisen und Geschmäcker aufzuzeigen und so dem Reichtum des Lebens gerecht zu werden.

Kersti

VA48. Kersti: Direkte Zensur - indirekte Zensur - Gedankenzensur
VA50. Kersti: Denken verboten Schilder...
VA61. Kersti: Kritikfähigkeit hat zwei Seiten
VA67. Kersti: Welche nichtwissenschaftlichen Faktoren verfälschen das Wissen der Fachleute über den Stand medizinischer Forschung?
VA86. Kersti: Können Raucher und Nichtraucher immer aufeinander zugehen?
VA95. Kersti: Das ultimative Argument
VA96. Kersti: Warum ich über so verrückte Themen wie Lichtnahrung schreibe
VA231.6 Kersti: An denen die selber ungewöhnlich sind, merke ich wie unglaublich anpassungsfähig und -bereit ich bin
VA253. Kersti: Der Unterschied zwischen wahr, bewiesen, nicht bewiesen, nicht belegbar, nicht beweisbar, widerlegt, falsch
VA263. Kersti: 3.2 Chaos und Kreativität
VA263. Kersti: 3.3 Es ist schwierig jemandem etwas zu erklären, der ganz anders denkt
VA279. Kersti: Das Teil und das ganze, oder der erleuchtete Rollenspielheld
VB3. Kersti: Das darfst du nicht sagen, du mußt wissen, daß es falsch ist!
VB7. Kersti: Danke für Kritik
VB15. Kersti: Lernen: Zwischen den Stühlen
VB20. Kersti: Fachidiotentum
V13. Kersti: Ich würde mir nie die Mühe machen, etwas zu kritisieren, was ich schlecht finde
V15. Kersti: Was ist Toleranz?
V22. Kersti: Sektenstrukturen in der normalen Gesellschaft
V58. Kersti: Absolute Wahrheit?
V59. Kersti: Die Rettung der Welt?
V105. Kersti: Das Gute wirkt nach anderen Gesetzen
V108. Kersti: Kritik: Was betreffen mich die Fehler anderer Leute?
V140. Kersti: Die zerstörerische Arroganz der herrschenden Meinung
V143. Kersti: Der Zweck heiligt die Mittel?
V147. Kersti: Erst ihr Gutes macht Sekten gefährlich
V150. Kersti: Den Fachleuten vertrauen?
V168. Kersti: Meckerrunde
V170. Kersti: Satire: Finanzielles Sanierungskonzept für Burg Ludwigstein
V172. Kersti: Ein echt guter Rat
V175. Kersti: Kriterien zum Bau eines realistischen Weltbildes: Realitätsnähe
V176. Kersti: Standpunkte
V194. Kersti: Was unterscheidet eine Gehirnwäsche von einem Dazulernen?
V213. Kersti: Was unterscheidet eine Ideologie von einem gesunden Weltbild?
V253. Kersti: Manchmal frage ich mich: "Leben wir überhaupt in derselben Welt?"
V255. Kersti: Einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten...
V290. Kersti: Der Unterschied zwischen einer richtigen - und einer ausreichenden Erklärung
V294. Kersti: Warum Außenseitermeinungen für Fachleute schwerer zu verstehen sind als für Laien
V297. Kersti: Das ist ja wie im Dritten Reich!
V299. Kersti: Der Unterschied zwischen Elitebewußtsein und Standesdünkel
V300. Kersti: Ohne eigene Erfahrungen keine zutreffende Theorie
V302. Kersti: Strafe dafür, daß man etwas schon vor den anderen kann
V304. Kersti: Warum nimmt die Zahl der Kulturen und Subkulturen ab?
V320. Kersti: Im oberen Teil der Brücke wird man verrückt!

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von Lesern immer bekomme.