Kurz zusammengefaßt, entspricht das Bellen etwa dem menschlichen
Rufen. Hund bellen dann, wenn sie aus Entfernung Kontakt aufnehmen
wollen. Das kann eine freundliche Kontaktaufnahme sein - wenn ein Hund
beispielsweise gerne spielen würde, aber sich nicht herantraut, weil
er Angst vor Menschen hat - es kann auch weniger freundlich sein, wenn
der Hund beispielsweise sagen will: "Hallo ich habe Dich gesehen und wag
es ja nicht auf mein Grundstück zu kommen, ja?" Aber es ist keine
allzuernste Drohung: wenn ein Hund richtig wütend ist knurrt er oder
sieht dem Gegner starr in die Augen. Wenn ein Hund bellt wenn er nah
genug ist, um zu beißen ist es entweder eine freudige
Begrüßung oder ein schimpfen - aber beißen wird er
normalerweise nicht.
Beispielgeschichte, Kersti:
Die bellt - dabei kann sie sprechen! Dieser Mensch muß verrückt sein.
Als mein Dackel Widu noch richtig klein war - wir hatten ihn noch
keine Woche - machte ich mit ihm täglich längere
Spaziergänge. Unterwegs wurde er immer müde, ich machte dann
eine Pause und nahm ihn auf den Schoß, wo er ein Weilchen schlief.
Sobald er ausgeschlafen war, gingen wir dann weiter.
Auf einem dieser Spaziergänge hörte ich einen Hund bellen und
antwortete, indem ich ebenfalls bellte. Er bellte wieder und kam
näher. Immer abwechselnd bellend bewegten wir uns aufeinander zu.
Als er schließlich nahe genug war, um mich zu sehen, und merkte,
daß ich ein Mensch und kein Hund war war er zuerst verblüfft
und konnte es gar nicht glauben. Dann änderte sich sein
Gesichtsausdruck und es war offensichtlich daß er dachte: "Dieser
Mensch muß verrückt sein. Er kann reden und er bellt!" Dann
erst sah er meinen jungen Dackel und ich war vergessen, während die
beiden sich freudig begrüßten.
Beispielgeschichte, Kersti:
Kersti spricht Hundisch, also kann nur ich gemeint sein
Widu, der mich besser kannte und wußte, daß ich die gesamte
Körpersprache der Hunde kenne und fließend spreche, soweit ein
menschlicher Körper das erlaubt, dachte ganz anders über mein
Bellen: er kam jedesmal freudig angerannt, denn wenn ich belle, spreche
ich hundisch - und da er der einzige Hund in der Nähe ist, ist es ja
offensichtlich, daß ich mit ihm rede, und das ist doch toll,
oder?
Wenn ich ihn angeknurrt habe, fand er das natürlich nicht so gut -
aber es war sehr wirkungsvoll. Er reagierte auf Knurren immer einen
Sekundenbruchteil früher als auf schimpfen, den Sekundenbruchteil,
der den Unterschied zwischen einer instinktiven und einer überlegten
Reaktion ausmacht. "Kersti schimpft - achja das war ja knurren - dann
muß ich jetzt zeigen, daß ich gehörig
eingeschüchtert bin, sonst wird sie richtig böse."
Beispielgeschichte, Kersti:
Wer Hundisch gelernt hat, ist vielleicht ein anständiger Mensch
Ein andernmal sah ich einen Hütehund am Wegesrand liegen. Von
Zeit zu Zeit schaute er hinüber zur Herde, aber es gab nichts zu
tun - die Schafe blieben brav auf der Weide, wo sie grasen sollten. Ich
bellte so leise, daß der Hund der einzige war, der mich hörte.
Er sah mich zweifelnd an. Mit dem Arm ahmte ich hinter meinem Körper
ein Schwanzwedeln nach, rief ihn mit einem fiepen zu mir,leckte mir
freundlich über die Lippen und sah höflich an ihm vorbei,
während ich ihn aus den Augenwinkeln gelegentlich einen
interessierten kurzen Blick zuwarf. Der Hund betrachtete mich erst
skeptisch, überlegte ob ich vielleicht ausversehen Hundisch
gesprochen hatte, wie das Menschen manchmal tun. Doch das konnte
eigentlich nicht sein. Dann hätte ich nicht so fehlerlos gesprochen.
Also meinte ich vermutlich genau das was ich sagte. Er stand zögernd
auf, kam zu mir schnupperte an meiner Hand und ließ sich kurz
streicheln. Dann legte er sich wieder an seinen Platz.
Nachher sprach ich mit dem Schäfer, der mir erzählte, der Hund
hätte schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht und er würde
deshalb ganz bestimmt nicht zu mir herkommen, um mich zu
begrüßen. Dieser Hund war wohl der Ansicht gewesen, daß
ein Mensch, der sich die Mühe macht, eine Fremdsprache zu lernen,
um mit einem Hund reden zu können, vielleicht gar nicht so übel
ist.
Beispielgeschichte, Kersti:
Endlich mal jemand, der mich versteht!
Wieder anders reagierte eine Hündin, die immer einen ziemlich
resignierten Gesichtsausdruck hatte, wenn ich sie mit ihrer Herrin sah.
Als sie mich bellen hörte, schloß sie mich augenblicklich in
ihr Herz. Endlich mal jemand der sie versteht. Jedesmal wenn ich an ihrem
Grundstück vorbeikam, begrüßte sie mich schon von weitem
- mit lautem Gebell natürlich, was die Nachbarn sicher gar nicht so
gut fanden. Ihre Herrin verstand das überhaupt nicht. Sie war fest
davon überzeugt ich würde ihre Hündin ärgern und sagte
mir, ich solle damit aufhören. Ich versuchte es, doch das war
leichter gesagt als getan. Während sich die Hündin vorher
jedesmal gefreut hatte, fühlte sie sich jetzt verraten und tat das
mit Bellen und knurren kund. Ihre Besitzerin war natürlich erst
recht der Ansicht, daß ich ihren Hund ärgerte - und jetzt
stimmte das ja auch. Ich kam schließlich zu dem Ergebnis, daß
ich es der Frau sowieso nicht recht machen konnte und bellte wieder, wenn
ich an dem Grundstück vorbeikam. So konnte ich wenigstens der
Hündin eine kleine Freude machen.
Kurz zusammengefaßt: ein Hund kommt, wenn man ihn anbellt, auf jeden
Gedanken, auf den auch ein Mensch kommen könnte, der in einer
ähnlichen Situation ist.
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