Übergeordneter Artikel:
VA238.
Ist ADHS eine Krankheit?
Dieser Text:
Das Rätsel der angeblich schlechten Selbsteinschätzung
In Büchern über ADHS las ich immer wieder, Menschen mit ADHS hätten eine unrealistische Selbsteinschätzung. Ich konnte mir daraus nie einen Reim machen. Menschen mit ADHS, die ich persönlich kenne, reden genau wie ich mal besser und mal schlechter über sich selbst. Insgesamt gesehen habe ich aber nie
eine unrealistische Selbsteinschätzung feststellen können. Ich fragte mich: "Wie kommen sie bloß auf diesen Gedanken, das ist doch nicht so!" Bis ich dann bei Imhof, Skroditzki und Urzinger folgenden Absatz fand:
Unrealistische Selbsteinschätzung
Ein Merkmal dieser Kinder ist es, sich selbst zu
überschätzen.
- Sie können die Möglichkeiten und Grenzen ihrer
körperlichen Leistungsfähigkeit nicht richtig
einschätzen. Vielfach begeben sie sich dadurch in gefährliche
Situationen: Sie versuchen sich an halsbrecherischen
Kunststückchen, springen über viel zu hohe Hindernisse.
- Manchmal verstricken sie sich in eine Traumwelt und entwickeln
unrealistische Fantasien von den eigenen Fähigkeiten. Sie halten
sich für Supermann und träumen davon, erfolgreich zu sein,
ohne daß sie wüßten, welche konkreten Schritte sie
voranbringen könnten.
- Gut begabte hyperaktive Kinder sind mit ihren Worten und ihren Taten
sehr schnell (impulsiver Arbeitsstil) und haben dadurch z.T. eine hohe
Trefferquote von richtigen Ergebnissen. Das bestätigt sie in ihrer
unrealistischen Selbstwahrnehmung und führt gleichzeitig auch zu
einer nicht adequaten Fremdeinschätzung. Mitschüler und
Lehrkräfte übersehen, daß es sich bei den Erfolgen oft
um Zufallsereignisse handelt. Manchmal handelt es sich allerdings auch
um besonders kreative, ungewöhnliche Lösungswege, die zwar zum
richtigen Ergebnis führen, von den Kindern aber nicht plausibel
dargelegt werden können.
- Die Persönlichkeit der Kinder ist von diesen
Widersprüchen geprägt. Daher reagieren sie oft in einer
unvorhersehbaren Weise. Ihre Stimmungen können ganz plötzlich
umschlagen, sie brechen vor Ungeduld in Wutanfälle aus und handeln
sich damit sogleich weitere Schwierigkeiten mit den Lehrern und
Mitschülern ein.
Quelle: 1.
Die Aufteilung des Textstücks in mehrere nummerierte
Abschnitte stammt von mir.
Dieser Absatz beschreibt vier völlig verschiedene Phänomene,
von denen keines auf eine unrealistische Selbsteinschätzung
zurückzuführen ist.
Die einzelnen Erklärungen finden sich, entsprechend der obigen Nummerierung, hier:
VB85.
1. ADHS - Die Suche nach Nervenkitzel
VB88.
2. ADHS - Das Problem mit den Routinearbeiten
VB87.
3. ADHS und Kreativität: Erfolg ist nicht einfach Zufall
VB86.
4. ADHS - Je nach Stimmung zeigen sich verschiedene Teile der Selbsteinschätzung

Quelle
Margarete Imhof,
Klaus Skrodzki,
Marianne S. Urzinger:
B131.5
Aufmerksamkeitsgestörte, hyperaktive Kinder und Jugendliche im Unterricht (1999) Donauwörth: Auer Verlag
| |
B131.1
Born, Armin; Oehler, Claudia / Lernen mit ADS-Kindern
B131.2
Ryffel-Rawak, Doris
B131.2.1
Ryffel-Rawak, Doris / ADS bei Erwachsenen: Betroffene berichten aus
ihrem Leben
B131.2.2
Ryffel-Rawak, Doris / Wir fühlen uns anders! : wie betroffebne
Erwachsene mit ADS, ADHS sich selbst und ihre Partnerschaft erleben
B131.2.3
Ryffel-Rawak, Doris / ADHS bei Frauen: Den Gefühlen ausgeliefert
B131.3
Bernau, Sabine / Alles über ADS bei Erwachsenen
B131.4
Amft, Hartmut & Gerspach, Manfred & Mattner, Dieter /
Kinder mit gestörter Aufmerksamkeit
B131.5
Imhof, Margarete & Skrodzki, Klaus & Urzinger, Marianne S. /
Aufmerksamkeitsgestörte, hyperaktive Kinderund Jugendliche im
Unterricht
B131.6
Hallowell, Edward & Ratey, John / Zwanghaft zerstreut oder
die Unfähigkeit, aufmerksam zu sein
|