erste Version: 3/2020
letzte Bearbeitung: 3/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Kriminelle Adelige und tödliche Sklaven

F1675.

Das Reich vom Löwen hatte ein Gesellschaftsystem, das mir als jemandem, der als Sklave aufgewachsen war, sehr sympathisch war

Vorgeschichte: F1706. Tharr vom Licht: Kaum waren sie mit der Thorion aus dem Weg, kam die nächste Hiobsbotschaft
F1729. Treron XZB12-5-13: Die nächste Zeit verbrachte ich damit, den Diplomaten des Löwenreiches zu erklären, warum wir sie gerne als Verbündete haben wollten

Tharr vom Licht erzählt:
Ich hatte den Laden einigermaßen im Griff und die neuen Universitätsabschlüsse für Zuchtmenschen eingetütet, bis die Diplomaten zurück waren und hoffte, daß wir ihnen deshalb so gegenübertreten konnten, daß wir wie ein vertrauenswürdiger Verhandlungspartner erschienen. Doch als die Thorion zurückkehrte, stellte ich fest, daß Simon es versiebt hatte. Im Grunde konnte ich ihm dafür keinen Vorwurf machen, denn schließlich hatte ich ihm die schlimmsten Kriminellen unseres Reiches zugeteilt, damit er sie einnordet und ihn gleichzeitig mit einer diplomatischen Mission zu betrauen war eben zwei unvereinbare Aufgaben gleichzeitig an eine Person vergeben. Wenn also jemand schuld war, dann ich. Und wie immer, wenn ich nicht mehr weiter wußte, fragte ich Treron um Rat.

Treron erklärte mir, er hätte bei seinem Flug auf der Thorion das Problem gesehen und sich dessen angenommen, indem er sie zu den Kriegssklaven eingeladen hätte. Dabei sei das etwas absurde Ergebnis herausgekommen, daß sie sich nun mit den Kriegssklaven gegen das Reich verbünden wollen. Er hätte sich dann überlegt, daß wir in dem Zusammenhang die Adoption ausnutzen könnten in dem Sinne, daß der Putsch schon geglückt sei und daß man dann eine dritte Partei hätte, die man nützen könne, um die Kriminellen in die Zange zu nehmen. Sie hätten doch so eine Prinzessin Dira von Leuenhorst, ein kleines Mädchen, das immer mit den Technikerjungen herumhängt. Die Technikerjungen könnten sie das mit der Adoption mithören lassen, ohne daß irgendjemand zugeben muß, daß wir das Staatsgeheimnis verraten haben. Damit könnte man ihnen vermitteln, der Putsch sei schon geglückt.

Das war wieder ein typischer Treron und ja, das würden wir so machen. Letztlich war es egal, wen die Leute für ihren wahren Verbündeten halten, wenn sie nur keinen Krieg mehr gegen uns führen. Schließlich hatte der König längst ein Bündnis mit den Zuchtsklaven gegen die kriminellen Adeligen, die allen das Leben zur Hölle machen und daher würde uns dieses Bündnis nicht schaden und es war egal, ob sie sich nun mit dem König oder mit seinen verbündeten Zuchtsklaven verbünden.

Ich besprach diese Angelegenheit nicht mit dem Prinzen, sondern schickte ihn nach ein paar vorbereitenden Verhandlungen und einem Waffenstillstandsvertrag nach Hause, da Selis gemeldet hatte, daß Diro zurückgekehrt aber in Hungerstreik getreten war, nachdem Selis ihn gefangengenommen hatte, bis der Prinz ein Urteil spricht. Der Techniker von dem Schiff, das wir zu Diros Heimatplanteten geschickt hatten, hatte inzwischen auch Bericht erstattet. Diros Vater war vergiftet worden und Diro hatte dessen Besitz unter dessen Sklaven und seiner Frau verteilt.

Es gab, nachdem der König weg war, natürlich mehrere Dinge bezüglich der Verhandlungen mit dem Reich vom Löwen, um die ich mich noch kümmern mußte. Zunächst einmal hatte Treron ihnen gesagt, die Zuchtsklaven würden unabhängig vom König mit ihnen Kontakt aufnehmen. Mein technischer Assistent hatte mir erklärt, daß wir dazu einen Schmuggler einsetzen würden, der verbotenerweise mit dem Reich des Löwen Handel trieb. Der Techniker des Schiffes würde sich um die Übermittlung der Botschaften kümmern.

Offiziell konnte ich natürlich nicht zugeben, daß ich von Schmugglern wußte, aber letztlich war es mir egal, denn sofern es uns gelang, den Frieden einzufädeln, wären auch die Folgen des Schmuggels technischer Geräte für uns kein Problem mehr. Und damit uns das gelang, brauchten wir einen unabhängigen Kanal über den wir Fehler die der junge König bei Verhandlungen machen würde ausgleichen konnten.

Daß er gravierende Fehler machen würde, war aus meiner Sicht vorhersehbar. Das Reich vom Löwen hatte ein Gesellschaftsystem, das mir als jemandem, der als Sklave aufgewachsen war, sehr sympathisch war. Ich war im Königlichen Palast aufgewachsen, daher hatte ich als intelligenter und fleißiger Junge Chancen gehabt, die andere Sklaven nicht haben, da sie keine Schule besuchen dürfen. Trotzdem vermittelte mir das eine völlig andere Perspektive auf das Leben, als sie der zehn Jahre jüngere König hatte. Es fing damit an, daß mein Universitätsabschluß offiziell der zweitbeste meines Jahrgangs war, aber es diverse Adelige in meinem Jahrgang gab, die dieselbe Note bei einer Punktzahl hatten, die sie eigentlich wesentlich weiter unten in der Schlange eingeordnet hätte. Nachdem ich dann auf den ersten drei Schiffen, auf denen ich gedient hatte, festgestellt hatte, daß sie sich nicht einmal um den lebensnotwendigen Teil der Arbeit gekümmert hatten, die zu erledigen war, hielt ich unseren Adel für Menschen, die die unser Reich nicht braucht.

Der König war nicht diese schlimme Sorte. Er hätte auch nach den Bewertungsmaßstäben, die für mich gegolten haben, einen vernünftigen Studienabschluß bekommen und wäre als Offizier eingestellt worden, auch wenn er bei weitem nicht so gut gewesen war wie ich. Und nach dem, was ich von den Zuchtmenschen gehört hatte, hatte er sich zwar mit kriminellen Adeligen abgegeben, aber den Strafer trotzdem nur dann benutzt, wenn jemand sich geweigert hat, zu arbeiten, was praktisch nie bedeutet. Trotzdem hatte ich gemerkt, daß er nicht verstanden hatte, daß im Reich des Löwen alle Menschen als gleich wichtig gelten und daß Könige als eine Art Bedienstete des Volkes gesehen werden, die tun müssen, was im Interesse des Volkes ist. Wenn ich ihm gesagt habe, daß er bestimmte Sachen nicht sagen darf, weil das verhindern wird, daß wir das benötigte Bündis bekommen, hat er sich benommen, als wäre ich immer noch sein Vorgesetzter und getan, was ich gesagt habe. Verstanden hat er jedenfalls nie, warum ich ihm das verboten habe.

Glücklicherweise liegt die Zuchtstation zwischen dem Reich vom Löwen und dem Regierungssystem des Königs, so daß wir doppelt so oft Botschaften mit den Leuten austauschen können wie er und eine Chance hatten, für jede Dummheit des Königs eine Konter zu finden. Außerden konnten wir uns vor und nach jedem diplomatischen Besuch beim König miteinander absprechen. Nun ja in Wirklichkeit würden das natürlich meine Zuchtmenschen tun und ich würde die Gespräche nur abhören. Andererseits konnte ich mich auf meine Leute hier wirklich verlassen, daher muß ich nicht alles selbst machen.

Ich hatte mit den Diplomaten des Löwenreiches abgesprochen, daß sie auf der Station selbstverständlich Lebensmittel aufnehmen können, so viel sie wollen, wenn sie hier vorbeikommen und meine Leute hatten mit ihnen abgemacht, das zu tun, damit sie heimlich und vorgeblich hinter meinem Rücken mit ihnen strategische Absprachen treffen können. Außerdem hatten mir die Zuchtmenschen Geheimdienstberichte von einem Techniker vorgelegt, der dort als Kriegsgefangener gelandet war und das Argument mit der Sklaverei verwendet hatte, um sich in eine Stellung zu manövrieren, wo er etwas zugunsten der Sklaven hier bewirken kann. Er war dort inzwischen ein sehr wichtiger politischer Berater. Das mußte man irgendwozu verwenden können.

Außerdem mußte ich irgendetwas machen, damit sie mir mehr Vertrauen entgegenbringen. Aber das würde ich schon irgendwie hinkriegen. Immerhin hatten wir jetzt erst einmal einen Waffenstillstand.

Die Ergebnisse der Gesellschaftswissenschaftlichen Studie, die ich bei meinen Technikern in Auftrag gegeben hatte und zu der auch die anderen Zuchtmenschengruppen beigetragen hatten, waren mir schon vor der Abreise des Königs vorgelegt worden und ich hatte mich nach und nach damit vertraut gemacht.

Kurz nach der Abreise des Königs kam eine höchst unwillige Delegation der Universität an, die den Zuchtmenschen ihre Prüfungen abnehmen sollte. Nach Auskunft des Universitäts-Gehirns Zaris LZB42-77-5 hatten sie die Prüfungen um ein Vielfaches schwerer gemacht als normal. Dieselbe Meldung bekamen wir kurz nach der Ankunft der Delegation von einem Professor, der dafür bekannt war, daß er ausgesprochen gut mit den Universitätssklaven umging. Der bat uns aber, nicht zu verraten, daß er das gesagt hat. Ich sagte ihm, er müsse sich keine Sorgen machen, darauf häten wir uns bereits vorbereitet und ich wäre überzeugt, daß die Prüflinge die Prüfungen bestehen würden. Das brauchte uns auch nicht zu kümmern, denn die Abitur-Jahrgänge würden ihre normalen Abiturprüfungen als Diplomprüfungen machen und die unverschämtesten Veränderungen konnten wir ihnen sowieso verbieten. Außerdem hatte das Stationsgehirn einen Professorentitel und würde offiziell als zusätzlicher Beisitzer bei den mündlichen Prüfungen dienen. Tatsächlich würde jeder der Prüfungen von anderen Zuchtmenschen beobachtet, die ihm bei Bedarf die nötigen Stichworte liefern würden.

Wir ließen die Leute also zuerst ihre schriftlichen Diplomprüfungen schreiben und entsetzten die Professoren dadurch, daß sie feststellen mußten, daß sie pro Schüler mehrere schriftliche Diplomprüfungen als bestanden anerkennen mußten, obwohl sie zu jedem Fach auch sehr ausgefallene Fragen gestellt hatten, so daß sie meinten, das könnte man nicht alles wissen. Das hatte ich ihnen vorher nicht verraten gehabt und auch nicht, daß es noch mehr bestandene Prüfungen gegeben hätte, wenn ich sie nicht von vorneherein auf drei pro Person beschränkt hätte. Dann stellten sie fest, daß die schriftlichen wissenschaftlichen Arbeiten, die zur Prüfung gehörten, bereits fertig vorlagen und gleichmäßig an die zuständigen Professoren verteilt wurden. Direkt danach hielt Treron, der gerade wieder kurz auf der Station war, eine Rede.

Kersti

Fortsetzung:
F1676. Treron XZB12-5-13: Tharr hatte gewollt, daß ich vor den Professoren einen Vortrag über die gesellschaftlichen Änderungen halten sollte, die wir einführen wollten

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben