Es ist wie ein Schock. Ich bin entsetzt, daß gerade er mir so etwas antun will. Ich fahre herum, um wegzulaufen. Doch ein Gedankenblitz wie aus Feuer und Eis schlägt nach mir und reißt mich von den Füßen. Ich falle hin, kann mich nicht mehr rühren.
Ich bündele meine Gedanken, berühre seinen Geist und frage:
*Warum tust du mir das an? Warum gerade du?* und ich lasse ihn
spüren, wie verletzt ich mich fühle.
*Das hast du dir selbst zuzuschreiben. Hochverrat wird bestraft, wie er
immer bestraft wurde.*
*Was ich tat, war notwendig, um das Land zu schützen. Lies meinen
Geist und prüf nach.* bat ich.
*Das hättest du wohl gerne - damit deine Spießgesellen dich
befreien können!*
Er hob meinen Körper auf und legte ihn in
seinen Flugwagen. Dann flog er los. Während
des Fluges störte ich ihn nicht, da ich keine
Unfälle provozieren wollte.
Am Tempel wird er von Haradorn, dem Tempelwächter empfangen. Auch ihn bitte ich telepatisch meinen Geist zu lesen, damit er weiß, warum ich so gehandelt habe, wie ich es tat.
"Nichts da. Hochverrat wird von König persönlich
untersucht." antwortet er und stieg zu meinem Bruder ins Flugauto.
In dem Augenblick kommt die junge Linuartina heraus und sagt:
"Wenn du ihn bestrafen willst, mußt du auch mich bestrafen. Mir
ist jede seiner Entscheidungen bekannt gewesen und ich habe sie
unterstützt." forderte sie.
"Dann steig ein." befahl der Tempelwächter.
Sie gehorchte. Ich hätte sie am Liebsten geohrfeigt. Ich hatte ganz
bewußt darauf geachtet, daß alle Spuren zu mir und nur zu mir
führten. Die Linuartinen durften sich nicht in Gefahr bringen!
Änderungen in den Meinungen des Volkes gehen nicht so schnell vor
sich. Wenn sie mich unterstützten, wären die Folgen für das
Land nicht abzusehen.
Der König war mein Vater. Als der Flugwagen im Palast landete, trat
er zu uns und war entsetzt, mich als Gefangenen zu sehen. Auch ihn bat
ich telepathisch, meinen Geist zu lesen, damit er meine Gründe
für meine Handlungen verstehen konnte.
*Das werde ich tun. Aber glaub nicht, daß ich Gnade walten lasse, nur
weil du mein Sohn bist.* antwortete er.
*Das erwarte ich auch nicht.* antwortete ich.
Tatsächlich war ich mir beinahe sicher, daß er meine
Beweggründe nicht verstehen würde. Er hatte nicht genug
geschichtliches Hintergrundwissen, um einschätzen zu können,
wie stark die Tempel unterbesetzt waren und wie wichtig es war, daß
wir wieder mehr wurden. Also würde meine Arbeit als Hochverrat
bestraft werden.
Er bekam von Haradorn einen kurzen Bericht über die Gründe meiner Gefangennahme. Dann hob Mein Vater mich auf und trug mich in das Krankenzimmer, wo er mich auf der Behandlungsliege festschnallte. Sobald wir alleine waren, berührte er meinen Geist und ich holte ihn herein.
Er sah sich in der Halle mit den vielen Türen um, die immer mein
inneres Bild für meinen Geist ist. Dann sah er mich an. Der geistige
Angriff meines Bruders hatte meinen Geistkörper verletzt, so
daß meine dunkelblaue Kleidung zerfetzt war und meine Beine bis zu
den Knien zerfetzt waren. Ich richtete mich auf den Knien auf - zum Heilen
war jetzt keine Zeit und grüßte ihn.
*Du mußt nicht denken, daß du mich mit diesen vielen Türen
beeindrucken oder mit deinem Aufzug mein Mitleid wecken kannst.* teilte
er mir mit.
*Ich habe Besseres zu tun, als extra für dich ein Theaterstück
zu inscenieren.* gab ich ärgerlich zurück.
Dann konzentrierte ich mich auf meine Beine, heilte sie und richtete mich
auf.
*Das solltest du aber - du stehst unter der Anklage des Hochverrats.*
*Das ist mir durchaus bewußt. Trotzdem spiele ich nicht Theater.
Nicht alle Teile meines Geistes sind von dieser Halle aus direkt zu
erreichen. Wohin soll ich dich führen?*
*Du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich mich auf deine Führung
verlasse?*
*Wie du meinst.* gab ich zurück.
Das konnte ja heiter werden.
*Ich finde auch ohne deine Hilfe, was ich suche.* behauptete er.
*Richtig. Du findest was du suchst. Aber ob das dann die Wahrheit ist?*
*Rede nicht wie ein Hochgeweihter! Du wurdest aus guten Gründen aus
dem Tempel verbannt.*
*Ich bin ein Hochgeweihter. Und zu den Gründen bin ich anderer
Ansicht, auch wenn ich zugeben muß, daß es im Endeffekt gut
ist, daß es geschehen ist.* antwortete ich.
*Wer hat dich geweiht?*
*Ich bin einfach den Pflichten eines Außenpostens nachgekommen. Wenn
man das gewissenhaft tut, führt das zwangsläufig zu einer hohen
Weihe. Deshalb hatten die Außenposten traditionell auch das Recht
in die Akascha-Chronik zu gehen, und dort so viel zu lesen, wie sie
wünschten.* antwortete ich.
*Du lügst. Dazu sind sie nie berechtigt weil sie viel zu unsauber
sind.*
*Schau nach. Deshalb bist du hier. Und ich hoffe, du lernst etwas
daraus.*
Ich war mir sicher, daß er nicht schnell genug
lernen würde, um mir die Strafe zu ersparen,
die auf Hochverrat stand. So schnell geht so
etwas nie.
Er konzentrierte sich kurz, versuchte zu erspüren, wo die gesuchte
Information war und ging dann auf glatte Wand zu. Ich ließ an der
entsprechende Stelle eine Tür entstehen und ließ ihn ein.
Hinter ihm schloß ich die Tür.
*Laß die Tür offen - ich will mich nicht verirren.* befahl er
mir.
*Notfalls führe ich dich raus. Offene Türen werden dem Geist zum
Problem.*
*Du wirst nach dem Urteil sowieso keinen Bedarf an geschlossenen Türen
mehr haben.* teilte er mir mit.
*Normalerweise macht man erst eine Geistlesung und verurteilt dann.*
kommentierte ich bissig.
*In deinem Fall sind die Beweise klar. Du wolltest die Geistlesung. Wer
sind deine Spießgesellen?*
*Schau doch nach, ob du sie findest.* gab ich zurück.
Ich wußte, er würde mein Wissen darüber nicht finden, denn
ich hatte es so in meinem Geist versteckt, daß selbst ein viel besser
ausgebildeter Mann Schwierigkeiten gehabt hätte, diese Informationen
zu finden. Ich hinderte ihn daran, die Identität meiner Schüler
herauszufinden, denn wie ich vermutet hatte, suchte er nur nach Beweisen
für die Richtigkeit seiner Vorverurteilung. Auf meinen Wunsch,
daß er doch mal nachschauen möge, warum ich das alles getan
hatte, ging er nicht ein. Und Beweise, daß es richtig war, gab es
genug. Ich hatte es ja tatsächlich getan - weil es notwendig war.
Schließlich verließ er frustriert meinen Geist und
behauptete:
"Ich weiß genug."
Ich sah ihn wortlos an und wußte, er hatte nichts verstanden. Also
würde er mich als Verräter bestrafen, denn in seinen Augen hatte
ich das Höchste verraten, was er kannte. Schweigend folge ich ihm mit
den Augen. Jedes weitere Wort wäre sinnlos gewesen.
Er zog ein Gerät über meinen Kopf und stellte es an. Das Gerät zerschlug unter grausamen Schmerzen die Energie(VA180. Definition Eso) meines Geistes in winzige Fragmente. Danach war alles in meinem Geist nur noch grauer Staub. Die übliche Strafe für Hochverrat, denn es machte mich völlig unfähig zu höheren Gedanken und zu Telepathie. Mit einer Geistfalle werde ich an meinen Körper gebunden.
Danach finde ich mich in einer sinnlosen, grauen Welt ohne Freude. Ich kann nichts sehen, nichts wahrnehmen als diese gestaltlose Gräue. Ziellos irre ich durch eine endlose graue Ebene und empfinde nichts. Keine Gefühle, keine Freude, keinen Schmerz, keine Angst - ja nicht einmal körperliche Wahrnehmungen. Alles ist leer und bedeutungslos. Ich hatte sogar vergessen, daß ich je etwas anderes empfunden hatte als diese graue Leere.
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, Internetseite: https://www.kersti.de/ E-Mail an Kersti
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