2/2010
Ich erinnerte mich an diese Schüler. Mir war es immer so vorgekommen, als würden sie sich nicht so recht für das Geistige interessieren. Sie stellten kaum Fragen, schienen keine eigenen Ideen zu haben und waren nie anderer Ansicht als ich. Natürlich hatte ich mich nicht über sie beschwert - so lange sie mich nicht angreifen, habe ich dazu keinen Grund. Aber so recht befriedigend war es auch nicht gewesen, sie zu unterrichten.
Als ich das so erzählte, erklärte mir einer meiner früheren Schüler, daß es sehr schwierig mit mir gewesen sei. Er sei froh gewesen, daß ihm bald ein anderer Lehrer zugeordnet worden sei.
"Ich hatte immer das Gefühl, daß du unheimlich viel von mir erwartest und ich wußte nicht so recht was."
"Eigene Gedanken und Ideen." sagte ich.
"Aber ich wußte doch noch nicht genug über das alles, um schon eigene Ideen zu haben!" sagte er.
Auf die Idee war ich damals gar nicht gekommen. Es war mir immer noch kaum nachvollziehbar. Ich hatte doch schon nach der ersten Meditationsübung, die mir mein damaliger Herr gegeben hatte, eigene Ideen gehabt.
Ich fragte den Priester, der mich damals betreut hatte, ob er mich auch so schwierig gefunden hätte, wie alle Tiura und meinen neuesten Schüler fanden.
"Irgendwie schon. Du wußtest ja beinahe genausoviel über Meditation wie ich. Ich kam mir irgendwie deklassiert vor, besonders weil du mir immer widersprochen hast und alles besser wußtest." antwortete er.
"Deine Ratschläge haben mir aber schon weitergeholfen." sagte ich.
Nach diesem Gespräch war ich tagelang sehr nachdenklich.
Anatah vertraute mir weitere Schüler an - und andere kamen auf eigene Faust zu mir, schon kurz nach meiner dritten Einweihung hatte ich mehr als zwanzig Schüler, fast so viele wie im Haupttempel waren. Sie waren alle ihrer seelischen Herkunft nach Dunkle und sie erschienen mir durchweg neugieriger und interessierter als die Schüler, die ich im Tempel zu betreuen gehabt hatte. Wenn sie vorher irgendeinen anderen Lehrer gehabt hatten, war der nicht richtig mit ihnen zurechtgekommen.
Mir war nicht klar, wodurch dieser Unterschied entstand.
Quelle: Erinnerung an eigene frühere Leben
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
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