Als ich in der Echsengestalt aus dem Portal herauskam, stellte ich als allererstes fest, daß die Welt bunter war als vorher
Vorgeschichte:
F2466.
D
Hans Hermann von Katte erzählt:
Kamiron erklärte mir, daß es Sinn der Übung sei, zu verstehen, wie sich unterschiedliche Körper anfühlen. Ich solle durch das Portal gehen, durch das ich von zuhause hierher gekommen war und würde dabei in den Körper einer Echse wechseln. Der Körper sei eine Kopie seines Körpers als er noch jünger gewesen sei. Wenn ich damit einverstanden sei, würde er gleichzeitig eine jüngere Version meines Körpers übernehmen, um mich besser zu verstehen.
Ich fragte ihn, warum er mich fragte, ob er das darf.
"Weil ein Körper etwas sehr Persönliches ist. Wenn ich deinen Körper übernehme, kann ich, da ich sowohl seelisch mit dir verwandt bin, als auch einen Körper mit deinen Erinnerungsspuren übernehme, leicht deine Erinnerungen abgreifen und mich erinnern, wie du gelebt hast. Ich muß dich deshalb fragen, ob dir das recht ist." erklärte er.
Wenn ich etwas nicht erzählt hatte, lag es nicht daran, daß er es nicht wissen dürfte, sondern daran, daß ich keine Lust hatte, mich damit zu befassen, weil ich froh war, weit von dem preußischen Königshof weg zu sein und keine Lust hatte, daran auch nur zu denken. Er durfte das alles ruhig wissen. Das sagte ich ihm auch.
"Man darf so etwas auch nur mit guten Freunden machen, weil Feinde das Wissen mißbrauchen könnten." erklärte er mir. Ich dachte mir, daß auch andere Wege gibt, Wissen zu schützen, als die Leute nicht an sich ranzulassen und wunderte mich dann, wo dieser Gedanke herkam.
Wir tauschten also Körper.
Als ich in der anderen Gestalt aus dem Portal herauskam, stellte ich als allererstes fest, daß die Welt bunter war als vorher. Die Farben waren nicht extremer, sondern ich konnte feineres Schattierungen unterscheiden. Es gab viel mehr verschiedene Grüntöne im Laub der Bäume, mehr Brauntöne in der Rinde. Wie faszinierend! Außerdem roch alles anders, als ich es gewohnt war. Ich fühlte mich neugieriger, hatte aber weniger intensive Gefühle.
Außerdem war da eine Echsenfrau, die durchaus sehr attraktiv roch und faszinierende erotische Muster in der Schuppenzeichnung hatte. Na ja wie ich eigentlich genau wußte, war in dem Körper der Prinz und der Typ, der im Körper des Prinzen war, war die Frau Kamirons. Ich hatte gar nicht gewußt, wie attraktiv Echsen sein können! Was für zarte Farben!
Dann erkannte ich, daß ich bei meinem Vater zuhause war und war erstaunt. Er hatte mich schon vorher gefragt gehabt, ob es mir recht wäre, wenn ich meinen Vater besuche und ihm bei der Gelegenheit etwas über mein Leben erzähle. Ich war damit einverstanden, schließlich hatte ich ihn zu lange nicht besuchen können. Irgendwie hatte ich aber nicht daran gedacht, als er dann tatsächlich dorthin aufbrach. Das passierte ständig. Kamiron fragte bei allem nach, ob mir so etwas recht ist und wenn er das dann umsetzte, kam es trotzdem erst einmal unerwartet. Ich fragte mich, warum mir das ständig passierte, denn Kamiron sprach doch alles so mit mir ab, daß ich letztlich alles OK fand, was er mit mir machte.
Ich fragte, warum der Garten meines Vaters sich so sehr verändert hat.
"Wir haben das Jahr 1740 und treffen uns mit deinem Vater und dessen Angestellten Theobald. Wir erfüllen ihm damit den Wunsch, Dich noch einmal wiederzusehen, denn in deinem damaligen Leben bist du inzwischen wegen Hochverrat hingerichtet worden, das ist aber offiziell anders dargestellt worden. Dein Vater weiß, daß wir Körper getauscht haben." erklärte Kamiron.
Ich wunderte mich. Hochverrat? Ich? Auf meine Rückfrage erklärte er mir, daß sich meine Handlungen nicht gegen Preußen sondern gegen den König gerichtet hätten, der immer untragbarer geworden sei und daß ich Preußen und meinem Fechschüler Fritz auch nicht geschadet hätte. Ich hätte allerdings versucht, den König unauffällig zu ermorden. Ich fragte mich, wie untragbar ein König werden muß, damit man ihn umzubringen versucht. Das hat einfach zu viel politische Instabilität zufolge. So etwas macht man nicht, wenn man es vermeiden kann. Ganz davon abgesehen daß niemand, der noch bei Verstand ist, König sein will, wie man eben daran erkennen kann, daß der König nicht bei Verstand ist und mir erklärt worden war, daß es daran liegt, daß er den ganzen Druck, der auf Könige so ausgeübt wird, nicht verkraftet hat.
Fortsetzung:
F2468.
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