erste Version: 7/2012
letzte Bearbeitung: 7/2012
Vorgeschichte:
A105.
"Entspann dich. Ihr auch, ihr Bäume. Laßt sie los, es kommt alles in
Ordnung."
C'hemara erzählt aus Kailas Sicht: Kaila starrte die Frau an. Nein, sie sah überhaupt nicht nach Wolf aus. Sie sah ganz normal aus, wie ein Mensch. Nein eigentlich sogar freundlicher, strahlender, irgendwie noch menschlicher als die meisten Menschen. Abgesehen jedenfalls von dem Zeichen auf ihrer Stirn. Das sah übel aus. Aber sonst wirkte sie so hell, so freundlich, ihre Aura war reines Licht. Wenn das Zeichen nicht wäre, hätte man beinahe glauben können, daß sie wirklich eine Hüterin der Akasha-Chronik wäre. Die Werwölfin erwiderte mit einem leichten Lächeln den Blick Kailas, die sie von Kopf bis Fuß musterte.
Kaila hatte schon Werwölfe gesehen - das heißt eigentlich nur eine
einzige Werwölfin. Und sie hatte ganz anders ausgesehen. Sie dachte an dem Tag,
als man sie beauftragt hatte, die Werwölfin zu bewachen.
Der Leiter der weißen Burg, die die kleine Stadt bewachte, hatte sie zu
sich gerufen und ihr erklärt, daß sie sich eine Beförderung verdient
hätte. Nun sei sie kein Bauer mehr sondern Wächter.
"Wir haben eine Werwölfin gefangen, für die wir einen Wächter brauchen.
Aber sei vorsichtig. Werwölfe sind hinterlistig, wenn du irgendetwas
tust, um es ihr nur ein wenig zu erleichtern, wird sie gleich die
Gelegenheit nutzen um zu fliehen."
Und sie hatte treu und brav die Werwölfin bewacht, obwohl sie ihr
eigentlich leid tat. Kaila dachte an die endlosen Stunden in dem
düsteren Verließ aus schneeweißem Stein. Die Werwölfin war mit
Werwolfsfesseln gefesselt gewesen, die sich bei jeder Bewegung des
Opfers zusammenzogen, so daß ihr Opfer sich nicht befreien konnte, indem
es eine kleinere Gestalt anlegte. Außerdem hatte man ihr einen Pflock
ins Herz geschlagen, so daß sie sich nicht verwandeln konnte. Sie war
auf halben Wege zwischen Wolf und Mensch eingefroren gewesen und ihre
Aura war grau vor Schmerz. Und jetzt war Kailas Mann bestimmt auch in
einem dieser Verliese aus weißem Stein gefangen.
"Wenn Du ein Werwolf bist, warum nimmst du dann nicht Wolfsgestalt an?"
fragte Kaila.
"Wäre das nicht ein bißchen unhöflich? Ich meine, du hast doch Angst
vor Wölfen." antwortete die Werwölfin.
Verblüfft sah Kaila sie an. Unhöflich?
"Gibt es ein Tier, das du schon immer einmal sein wolltest?"
"Ja. Auf dem Hof meines Vaters hatten wir Pferde. Ich habe gespürt, wie
sie sich fühlten, wie sie es genossen, zu laufen, wie ihre Haare im Wind
wehten. Ich dachte, es muß wunderschön sein, ein Pferd zu sein." erzählte
Kaila sehnsuchtsvoll.
"Warum verwandelst du dich nicht in ein Pferd?" fragte die Werwölfin.
"Aber das kann ich doch nicht!" widersprach Kaila.
"Des Menschen Wesen ist die Freiheit. Du kannst alles sein, du
kannst alles tun, was du willst." antwortete die Werwölfin.
Kaila spürte wie sich etwas in ihr öffnete.
"Darf ich die Wölfe rufen? Sie sind neugierig auf dich."
Geistesabwesend gab Kaila die Erlaubnis und genoß das Gefühl an das sie
sich von den Pferden ihres Vaters erinnerte. Sie spürte den weichen
Waldboden unter ihren Hufen und wünschte sich eine grüne Wiese zum
galloppieren. Sie spürte, wie sie sich tatsächlich veränderte, wie das
Gefühl des Bodens unter ihren Hufen sich veränderte, dann rückten die
Bäume auseinander und gaben den Weg zu einer großen Waldlichtung frei.
"Darf ich reiten?"
Wortlos gab sie die Erlaubnis, spürte das vertraute menschliche Gewicht
auf ihrem Rücken, dann kamen die Wölfe. Normalerweise hätte Kaila Angst
gehabt, doch sie spürte die Ruhe und Sicherheit ihrer Reiterin und
betrachtete die Wölfe die sie zur Begrüßung ansprangen mit wacher Neugier.
Dann begann sie zu galloppieren, genoß das Gefühl mit den schnellen
Wölfen um die Wette zu rennen und die Harmonie mit der Reiterin auf ihrem
ungesattelten Rücken. Es war so wunderbar!
Fortsetzung:
A107.
"Möchtest Du auch einmal probieren, wie es ist, ein Wolf zu sein?"
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615,
https://www.kersti.de/,
Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal
im Voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von
Lesern immer bekomme.
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