erste Version: 11/2016
letzte Bearbeitung: 11/2016
Vorgeschichte:
F842.
Der Mann fragte überrascht, wie sie denn auf den Gedanken gekommen waren, hier könne man doch nicht wirklich für die Hygiene garantieren
Die Wissenschaftlerin erzählt:
Ich studierte also bei den wilden Menschen und dachte über die vielen seltsamen Dinge nach, die sie taten.
Ich hatte natürlich einen Forschungsauftrag. Ich sollte mir nämlich die menschliche Gesellschaft ansehen und überlegen, wie man einen sinnvollen freundlichen Austausch mit diesem Stadtstaat schafft. Es bestand nicht die Absicht, sich da unnötig einzumischen, denn die wilden Menschen sollten einerseits als Genreservoir für uns Zuchtmenschen dauerhaft erhalten bleiben. Andererseits gab es Dinge die ein wettbewerbsorientierter Stadtstaat von egoistischen und ziemlich chaotischen wilden Menschen immer noch effizienter herstellt, als ein wohlorganisierter Ameisen-Vampir-Menschenstaat, der wenig persönliche Freiheit läßt und es wäre eine Dummheit, sich das nicht zunutze zu machen.
Die Menschen hatten viele unabhängige Stadtstaaten mit guten Handelsbeziehungen untereinander aber keine größeren Städte, weil die Vampire die Entstehung größerer Einheiten immer verhindert hatten und gefährliche technische Waffen zwar selber produzierten aber jeden Stadtstaat, der so etwas baute, vernichtet hatten.
Die wilden Menschen haben ein "Ich bin ein heldenhafter freier Mensch!"-Bild von sich selbst, das durch die Tatsachen nicht gedeckt ist, denn die Vampire bewirtschafteten die Menschenbestände wie Menschen Wildbestände bewirtschafteten und wenn die Bevölkerung der Menschen zu sehr zunahm oder die Ernten plötzlich wesentlich schlechter wurden, umzingelten sie eine Stadt, fingen ihre gesamten Bewohner ein und verteilten die gefangenen Menschen auf unsere verschiedenen Staaten zum schlachten. Die wilden Menschen hatten keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren.
Sie ihre eigenen Angelegenheiten selbst regeln zu lassen, war aber auch nicht besser, denn Übervölkerung führt zu Hungersnöten und die hatten in der Vergangenheit immer dazu geführt, daß die betroffenen Menschen generationenlange Kriege gegeneinander geführt hatten, die sie mit allem anderen als Hunger begründet hatten, bis ganze Landstriche durch Kriege entvölkert waren. Einzelne Menschen fangen, führt zu zu vielen kaputten Familienbeziehungen und die Menschen entwickeln dadurch psychische Probleme und einen Haß auf Vampire. Wenn man eine ganze Stadt entvölkert, sind die negativen Reaktionen am Geringsten, weil vergleichweise wenige die geschlachteten Menschen kannten oder wußten, daß ein Angehöriger von ihnen selbst geschlachtet worden war. Die benachbarten Städte stocken ihre Vorräte aus denen der entvölkerten Stadt auf und haben deshalb keinen Grund Kriege zu beginnen. In den folgenden Jahren besiedeln sie die entvölkerte Stadt neu, indem ganze Familien dorthin umziehen.
Als diese Taktik eingeführt worden war, weil die technische Überlegenheit der Vampire und Ameisen ausreichend gewesen war, um so etwas zu ermöglichen, hatten die betroffenen Menschen verzweifelt und vergeblich um ihr Überleben gekämpft. Inzwischen kamen die allermeisten meist mit vergleichsweise wenig Widerstand heraus, weil sie sahen, daß sie sowieso keine Chance hatten und man mußte nur noch die Häuser einzeln durchsuchen, um die richtig Ängstlichen einzusammeln.
Als die Vampire das letzte mal zu dem Schluß gekommen waren, daß es mehr Menschen gab, als das Land ernähren kann, war ich zehn Jahre alt gewesen und hatte mich ein wenig daran beteiligt, diese Menschen zu füttern, bis sie geschlachtet werden sollten. Ich brachte mit einem Teewagen das Essen für die Familie herein, die ich versorgen sollte und redete dann mit ihnen. Weil sie danach fragten, erklärte ich, daß entschieden worden war diese Stadt, die Goa hieß, zu entvölkern, weil die letzte Ernte so schlecht ausgefallen war, daß im Winter sowieso viele Menschen an Hunger oder wegen ihrer Schwäche an Infektionskrankheiten gestorben wären. Sie würden daher geschlachtet werden, um die wilde menschliche Bevölkerung auf das Maß zu reduzieren, daß das Land tragen kann. Ich erklärte, daß sie alle direkt nacheinander geschlachtet werden würden, so daß sie nicht umeinander trauern müßten und daß es nicht wehtun würde, weil ein Vampir kommt, zuerst die Haut mit einem Mittel betäubt, das seine Zähne absondern und sie dann austrinkt. Meine Familie gehörte zu denen, die es sehen wollten, bevor sie selber dran waren, also wurden ihnen erlaubt, zuzusehen, wie ein besonders zahmer gefangener Junge ausgetrunken wurde. Ich wurde danach gefragt, warum der Junge denn gar keine Angst gehabt hatte und erklärte ihnen, warum nicht nur ich sondern auch einige wilde Menschen diese angeborene Zahmheit haben. Wir hätten ihnen einen solchen Menschen gezeigt, weil die Angst ein reiner Instinkt ist und sie nur bei Menschen, die keine Angst haben, deutlich sehen können, daß da wirklich nichts wehtut.
"Ich will aber nicht geschlachtet werden!" brach es aus der Frau heraus.
"Ich weiß. Und darin unterscheidest du dich von mir." antwortete ich.
"Wie - willst du etwa geschlachtet werden?" fragte sie verblüfft.
"Nein, das auch nicht. Aber wenn mir gesagt würde, daß ich in die Schlachterei gehen soll, da sie entschieden haben, mich zu schlachten, würde ich in die Schlachterei gehen, mich austrinken lassen und zufrieden sein, daß ich den Wünschen der Vampire folgen kann. Sie haben uns auf Gehorsam gezüchtet." erklärte ich.
"Das glaube ich nicht." meinte sie.
Ich zeigte ihnen die Narbe von meiner Kastration und erzählte wie es abgelaufen war. Danach machte ich sie darauf aufmerksam, daß der Junge sich ja mit dem Vampir darüber unterhalten hatte, daß er ausgetrunken werden sollte und entspannt und zufrieden alles mitgemacht hatte.
"Das ist ja richtig unheimlich!" sagte sie.
Ich erklärte ihr den Unterschied zwischen Zucht und natürlicher Auslese und daß es deshalb ganz natürlich war, daß sie da anders reagierten als ich. In den Tagen die danach kamen, gaben sie ihren Widerstand auf, taten die Arbeiten, die ihnen aufgetragen wurden, wenn sie sich mit irgendetwas beschäftigen wollten und spielten oft und offensichtlich entspannt mit ihren Kindern. Daß wir Menschen bis zum Schlachten immer etwas zu tun geben und daß sie meist auch ohne, daß man sie ernsthaft drängt, arbeiten, liegt daran, daß alle Menschen - freie wie gezüchtete - eine Neigung zum arbeiten haben, weil Arbeit unter jeglichen Lebensumständen dem Überleben und den Fortpflanzungschancen förderlich ist. Sie redeten nicht mehr über das Schlachten, sondern beschäftigten sich damit, die Zeit, die ihnen noch blieb, nach Kräften zu genießen und die Art Arbeit zu tun, die sie immer gern getan haben, gehörte für sie zum Leben genießen dazu und half ihnen auch sich von einer beängstigenden Zukunft abzulenken.
Die Menschen der Familie, die ich betreut hatte, gingen ohne ernsthaften Widerstand mit, als ich sie zum Schlachten abholte und taten, was ich ihnen sagte. Sie waren offensichtlich aber sehr unzufrieden darüber. Zur Zucht wären Menschen mit einer solchen Einstellung nie ausgewählt worden, aber sie waren ja auch Wildfänge, die deshalb ganz anders sein mußten.
Diejenigen die eine panische Angst vor Vampiren hatten, hatten wir sofort geschlachtet, weil es eine unnötige Quälerei gewesen wäre, sie mit dieser Angst länger als unbedingt erforderlich bei Vampiren gefangen zu halten.
Diejenigen, die beim Aufnahmegespräch positiv auf Vampire reagiert hatten, wurden durch Vampire betreut und eine einzelne Frau wurde aus dieser Gruppe ausgewählt, da sie unseren Genpool bereichern sollte. Nachdem ihre Familie geschlachtet worden war, unterhielt ich mich mit ihr, um ihre Einstellungen zu protokollieren. Sie hatte ihren Mann und ihre Kinder jeweils zum Schlachten begleitet und ihnen ihre Hand gehalten, weil sie es ihnen möglichst leicht hatte machen wollen. Ich holte sie danach ab und brachte sie in das Zimmer in der Kinderkrippe, das ihr als zukünftige Mutter zugewiesen worden war.
Ich fragte sie, wie sie sich damit fühlte, daß ihre Familie geschlachtet worden war.
"Das ist ganz merkwürdig. Der Vampir, der sich um uns gekümmert hat, hat uns allen erklärt, warum sie geschlachtet werden müssen. Und es war so logisch. Ich fand seine Stimme so nett und ich wollte tun was er will und deshalb habe ich ihm gerne geholfen, daß mein Mann nicht so eine Angst hat. Meine Kinder hatten keine Angst, sie wollten mit dem Vampir mitgehen, weil er es gesagt hat, aber sie wollten auch, daß ich dabei bin. Also habe ich auch sie begleitet. Und dann hat mich der Vampir gelobt, weil ich ihm so beim Schlachten geholfen habe und ich habe mich einfach gefreut, weil er mit mir zufrieden war und irgendwie finde ich es richtig, daß ich tue, was er will. Bin ich jetzt ein Unmensch, wenn ich mich gut fühle, weil meine ganze Familie geschlachtet wurde, damit es keine Hungersnot gibt?" fragte sie.
"Nein. Du bist ein Zuchtmensch. Ich weiß nicht, von welchen Vorfahren du diese Gene hast, denn in den Daten des Stadtarchivs sind dazu keine Angaben zu finden, die bis zu einem unserer Agenten zurückgehen, aber du reagierst emotional wie ich in einer solche Situation reagieren würde, daher gehe ich davon aus, daß du von Zuchtmenschen abstammst."
Tatsächlich war diese Kombination aus den emotionalen Reaktionen eines Zuchtmenschen und daß wir nicht wußten, wo sie das her hatte, der Grund, warum sie zur Zucht ausgewählt worden war. Sie hatte wahrscheinlich die meisten Gene von wilden Menschen, sonst hätten wir erfahren, vom wem sie abstammt, schließlich meldeten unsre Agenten ihre Kinder mit wilden Menschen. Sie war intelligent und stammte aus einer erfolgreichen Handwerkerfamilie, aber sie hatte auch den fraglosen Gehorsam eines Zuchtmenschen und konnte sich deshalb problemlos an das Leben eines Zuchtmenschen anpassen und ihre Kinder würden es wahrscheinlich auch können, da ihre bisherigen Kinder diesen Gehorsam auch alle gehabt hatten und zufrieden mit dem Vampir mitgegangen waren, der sie austrinken sollte. Man hatte den Kindern auch die Arme durchbohrt, um ihre Schmerztoleranz und ihre Gehorsamszufriedenheit zu prüfen und sie waren zufrieden gewesen, zu gehorchen und glücklich für ihre Gehorsam gelobt zu werden.
"Du hast dich so liebevoll um deine Familie gekümmert, wie du konntest und bist zufrieden über den Rest keine Entscheidungsgewalt zu haben. Wenn du traurig wärest, würde das deiner Familie nichts nützen, daher tust du ihnen damit auch kein Leid." erklärte ich.
Ich merkte, daß sie diese Antwort sehr erleichterte. Wahrscheinlich war sie unter den wilden Menschen mit ihrer fügsamen Art oft nicht verstanden und schlecht behandelt worden.
Fortsetzung:
F844.
Sie fragten mich immer wieder, was ich denn gewollt hätte, aber ich konnte mit der Frage nichts anfangen und ich wußte auch nicht, wonach sie eigentlich fragten.
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
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Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal
im Voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von
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