erste Version: 4/2003
letzte Bearbeitung: 4/2016
Auf Fahrt gehen - also Wandern mit vollem Gepäck und im Zelt oder
gar im Freien Schlafen - ist schon etwas Merkwürdiges. Bei gutem
Wetter ist es natürlich wunderschön. Aber selbst bei
Wanderungen, wo es drei Wochen lang nur regnet, alles schief geht und die
wandernde Gruppe sich jeden Tag eine neue Notlösung einfallen lassen
muß, damit es nicht gar zu ungemütlich wird, stellt sich
spätestens nach drei Tagen das Gefühl ein, daß die Welt
in Ordnung ist. Ob es sich bei einem Foto mit Kothe (Zelt mit Feuerstelle innen, ähnlich einem Indianderzelt) um ein echtes oder um ein mit professionellen Fotomodellen gestelltes Foto handelt, läßt sich auch recht leicht erkennen - am Gesichtsausdruck. Die Gesichter der echten Pfadfinder oder Wandervögel sind viel entspannter. Das ist im Grunde ein merkwürdiges Phänomen, denn an einer Wanderung ist nichts objektiv besser als zu Hause. Im Gegenteil - man hat ja nicht mehr dabei, als unbedingt notwendig, lebt kaum besser als ein Landstreicher. Wenn man ein Forschungsergebnis der biologischen Verhaltensforschung kennt, wird klar, woher dieses Gefühl, daß die Welt in Ordnung ist, kommt. Es ist nämlich so, daß Menschen angeborene Sollmuster mitbekommen, die ihnen sagen, was sie vom Leben zu erwarten haben. Wenn die Umgebung diesen Sollmustern entspricht und der Mensch angemessen reagieren kann, vermittelt das positive Gefühle. So ist es dem Menschen angeboren, zu erwarten, daß er als Kleinkind eine Sprache mit Grammatik lernt, in der er sich mit den Menschen um ihn herum unterhalten kann1., 2. S.257ff, 3. S.203ff. Die natürliche Lebensweise des Menschen ist ziemlich sicher eine Steinzeitkultur mit Feuer zum Kochen und vor allem als Schutz vor Raubtieren. - Und das auf Fahrt gehen, ist dieser ursprünglichen menschlichen Lebensweise so ähnlich wie sonst nichts in unserem Leben hier. Es ist kein Wunder, wenn es uns das Gefühl vermittelt, die Welt sei in Ordnung, wenn das Leben ausnahmsweise mal so ist, wie es laut unseren Instinkten sein sollte. Ich schließe aus diesen Überlegungen, daß wir falsche Vorstellungen davon haben, was Streß hervorruft - nicht Überforderung, Aufregung oder Anstrengung ruft Streß hervor - vor allem wird Streß durch das unterschwellige Gefühl ausgelöst, daß die Welt nicht so ist, wie sie eigentlich sein müßte. Und dieses Gefühl ist darauf zurückzuführen, daß viele unserer zivilisatorischen Gewohnheiten, nicht mit den angeborenen Sollmustern vereinbar sind.
Das stellt und vor die schwierige Aufgabe, in einer Welt, die ein
Vielfaches der Bevölkerung zu ernähren hat, die sie, wenn wir
alle als Jäger und Sammler leben wollten, ernähren könnte,
eine Lebensweise, zu finden, die zumindest einigermaßen unseren
angeborenen Jäger- und Sammler-Sollmustern entspricht.
Die vielen Suchtkranken sind sicherlich teilweise auf dieses Problem
zurückzuführen. Quelle
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Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
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